Inhalt

 

Einleitung

Die Reise

Ein Roadtrip der etwas anderen Art: Der Versuch, das Autoland Amerika nur per öffentlichem Verkehr zu bereisen. Zumeist per Greyhound-Bus, vereinzelt per Bahn, Shuttle, möglichst wenig per Taxi (unter 10mal total!) und als Notlösung auch gerne zu Fuss dem Highway entlang.

USA-Kenner und Einheimische waren sich mit meinen Plänen konfrontiert einig, dass das Unternehmen unklug und kaum erfolgsversprechend war. Doch dies trieb mich bloss noch mehr an, und ich war fest entschlossen herauszufinden, wie viel man als Fussgänger und ÖV-Benutzer von den USA sehen und erleben konnte.

Das Resultat war eine planungsintensive, aber äusserst lohnenswerte, 90-tägige Reise, welche mich auf knapp 20'000 Kilometern quer durch die USA führen sollte. Drei Monate hatte ich Zeit, ein Land, ja einen Kontinent zu durchqueren. Kaum zwei Nächte verbrachte ich am gleichen Ort. Von den schimmernden Metropolen der Ostküste ging’s über die weiten Ebenen des mittleren Westens, die lebensfrohen Südstaaten, die schroffen Rocky Mountains und die staubigen Wüsten bis an die prachtvolle Westküste – und als Krönung rauf nach Alaska!

 

 

 

Die Greyhound-Busse

Die Busse mit dem eleganten Windhund-Logo sind eine amerikanische Institution. Seit beinahe hundert Jahren stehen sie für Fernweh, Flucht oder Neuanfang. 130 Routen durchqueren wie Pulsadern den Kontinent, über 3'000 Destinationen werden täglich bedient. Für 25 Millionen Passagiere pro Jahr sind die Greyhounds meist die einzige Möglichkeit, von A nach B zu gelangen.

In den Bussen trifft man auf denjenigen Teil der Bevölkerung, für den der amerikanische Traum zu Ende ist oder gar nie existierte. Wer sich kein Flugticket, ja nicht einmal ein eigenes Auto leisten kann, findet kaum Platz im hochkommerziellen amerikanischen Weltbild.

Doch was als Transportmittel der Verlierer gilt, war für mich ein Gewinn: Ich sass in insgesamt 180 Stunden (mehr als eine Woche!) Busfahrt neben Streunern und Sträflingen, unterhielt mich mit Gottesmännern und Gangstern, hörte mir die Geschichten von Flüchtigen und Flüchtlingen an und gewann dabei einen etwas anderen Einblick in die Seele der USA.

 

 

 

 

 

Anmerkung

Ich bin mir durchaus bewusst, dass es ausgesprochen viele Bilder und Erlebnisse sind, die man als Aussenstehender vielleicht gar nicht alle aufs Mal verarbeiten kann. Trotzdem liegt der Reiz der Reise gerade darin, die starken Kontraste des Landes hervorzuheben – und das geht nunmal am besten, wenn alles in einem Bericht zusammengefügt wird.

 

Daher bemühe ich mich, ein abgestuftes Berichterlebnis zu bieten – man kann sich den Bericht also so zusammen stellen, wie es Zeit und Laune erlauben:

Die normalen Bildbeschreibungen bieten einen kurzen Leitfaden.

Zusätzlich zu den Bildbeschreibungen flechte ich Passagen aus meinem Blog ein, die den Leseinteressierten einen etwas lebendigeren Einblick in die Reise oder mehr Hintergrundinfos geben.

Wer noch mehr Informationen und viele weitere Bilder (insgesamt über 1000) wünscht, gelangt per Klick auf den jeweiligen Tagestitel zum täglichen Blog-Eintrag.

ERT (Estimated Reading Times) (und denkt dabei an mich, der den Bericht geschrieben und dreimal korrekturgelesen hat :))

- Nur Bildtexte: 70min +

- Mit Hintergrundtexten: 2,5h +

- Mit verlinkten Blogs: Unendlich :-)

 

 

 

21. Juni: Atlantikcrossing Frankfurt-Halifax

 

 

 

Schon tags zuvor war ich von Zürich nach Frankfurt gereist; nun ging’s mit Condor’s 767 über den Teich. Nach endlosen Stunden über dem Wasser erblicke ich endlich die Küste des amerikanischen Kontinents – und eine Menge treibendes Eis!

 

 

 

 

22. Juni: Ich bin drin!

 

 

In aller Früh stand noch ein kleiner fliegerischer Hüpfer an: Vom erschreckend eingenebelten Halifax ging’s nach Saint John, ebenfalls in Kanada.

 

 

Saint John war nur Zwischenstation; trotzdem reichte die Zeit, kurz auf einen Hügel zu kraxeln und das nicht allzu aufregende Panorama der ältesten Stadt Kanadas einzusammeln.

 

Blog-Ausschnitt:
Hauptsehenswürdigkeit waren daher klar die verdutzten Gesichter der anderen Gipfelstürmer -allesamt in ihren Autos sitzend-, als ich da auf dem Trampelpfad nach oben gewuselt kam. "Did you just climb this mountain?", sprach mich eine ältere Dame fassungslos an. Doch wie man sich vorstellen kann, linderte der Hinweis, dass man in Europa Berge generell zu Fuss bezwingt, sowie die schnippische Anmerkung, dass ein Objekt von 50 Metern Höhe nie und nimmer als Berg durchgehen könne, ihre Verwunderung in keinster Weise.

 

 

 

 

Danach stand die erste Busfahrt an, die mich in die USA bringen sollte. Einige Stunden sowie ein paar bange Minuten an der Grenze später war’s soweit, ich war drin und nahm Kurs auf meinen ersten US-Halt, Bangor.

 

 

 

 

23. Juni: Bangor

 

 

Ein ganzer Tag in Bangor –gähn– und das kam so:

 

Blog-Ausschnitt:
Dieser masochistische Akt war nicht meine Idee, sondern das Ergebnis des Vertrauens in den amerikanischen ÖV. Es wäre ein Tagestrip in ein nettes Küstenörtchen namens Bar Harbor geplant gewesen - nur hatte leider das betreffende Bus-Unternehmen kurz von meiner Ankunft den Betrieb eingestellt. Wie dies übrigens auch die Fähre tat, mit der ich eigentlich von Halifax, Kanada, in die USA einreisen wollte. Und wie es bald auch der Busstrecke Saint John-Bangor ergehen soll, die ich am Vortag benutzte. Danach ist hier oben ziemlich alles dicht. Der Dornröschenschlaf schleicht auf leisen Sohlen heran und Bangor gähnt schon laut. Was einst ein weltweit führender Holzumschlagplatz war, kann sich heute nur noch rühmen, einen Grossteil Amerikas Heidelbeerernte zu stellen und die Stadt mit der zweitniedrigsten Kriminalitätsrate im Land zu sein.

 

 

Ich durfte mir also Bangor zu Gemüte führen; bloss die Hauptstrasse war noch bedingt sehenswert

 

 

 

Blog-Ausschnitt:
Typisch für Bangors Niedergang ist der leicht veblasste Glanz der Hauptstrasse. Stolz tragen deren solid gebauten Steingebäude ihre 1800er-Jahreszahlen in Emblemform zur Schau, doch so richtig leben tut die Szene nicht mehr. Dass Teile der Stadt als Kulturdenkmäler von nationaler Bedeutung gelten und mein Reiseführer Bangors herausragende Baukunst rühmt, lässt mich erschaudern und skeptisch auf 90 architektonisch extrem unter-, oder wohl eher enthaltsame Reisetage blicken.

 

 

 

 

24. Juni: Bangor - Camden - Portland - Boston (450km)

 

 

 

 

Dieser Tag war schon weit erfreulicher! Statt den Direktbus nach Boston zu nehmen, gondelte ich lieber etwas der Küste entlang. Erster Halt: Das schmucke Urlaubsdörfchen Camden

 

Blog-Ausschnitt:
Welch ein Kontrast zu Bangor! Camden empfing mich mit einer schmucken Hauptstrasse gesäumt von unzähligen hübschen Häuschen, einer zum Verweilen einladenden Uferpromenade am Meer und einem angenehm belebten, ferienhaft-entspannten Flair. Genau dies schätzen die unzähligen New Yorker, Bostoner und anderen grossstädtischen Arbeitstiere, welche sich mit Vorliebe hierher zurückziehen, wenn der siebzehnte Burnout einzuschlagen droht oder zu kurieren ist.

 

Alles in allem wirklich eine kleine Perle, auf die ich hier gestossen war.

 

 

 

Hinter Camden wartete eine kleine Erhebung: Mount Battie, 248 Meter hoch. Ich hätte kein Schweizerkreuz auf meinem Pass, wenn ich nicht auf jeden Hügel sofort raufkraxeln müsste. Gesagt, getan.

 

Blog-Ausschnitt:
Der Brocken hatte es dann durchaus in sich, was einerseits an der unerwarteten Steilheit, andererseits aber auch am äusserst unpassenden Schuhwerk meinerseits (10-Franken-Schuhe aus Thailand) lag. Dennoch hatte ich ihn innert 25 Minuten bezwungen, was mir beinahe gleich viel Freude bereitete wie das nicht ganz so spektakuläre Panorama vom Gipfel. Hinunter ging's in 20 Minuten - macht nach Adam dem Riesen insgesamt 45, damit 75 weniger als veranschlagt, und damit durchaus erfreulich.

 

 

 

 

Nach dem kurzen Stopp in Camden hüpfte ich auf den Nachmittags-Bus, welcher mich nach Portland bringen sollte. Grund dafür war er hier, Portland Head Lighthouse, erbaut 1787.

 

Blog-Ausschnitt:
Etwas ausserhalb der Stadt steht auf schroffen Klippen der älteste Leuchtturm Maines und macht eine ziemlich fotogene Falle. Das durfte ich mir nicht entgehen lassen. Dumm nur, dass da kein Bus hinfährt. Und dümmer noch, dass es am Busbahnhof seit 9/11 keine Schliessfächer mehr zu mieten gibt. So durfte ich bei sängender Hitze den bepackten Esel spielen und mit meinen 25 Kilogramm Ausrüstung beladen je einen Marsch von einer Stunde abspulen. Der Leuchtturm war auch ganz nett – zumindest das, was ich von ihm sah, bevor ich auf dem Absatz Kehrt machen musste, um meinen Bus nach Boston zu erwischen.

 

 

 

 

 

25. Juni: Boston

 

 

Boston gilt als eine der europäischsten US-Städte und begeisterte mich mit charmanten Gässchen und historischen Bauten.

 

Blog-Ausschnitt:
Also ab auf den Freedom Trail. Das ist ein auf den Asphalt aufgemaltes, rotes Band, welches sich über mehrere Kilometer durch die Innenstadt Bostons schlängelt und das Abgehen der Stadtgeschichte erlaubt. So sieht man ganze Karavanen von Touristen, welche im Entenmarsch durch Downtown watscheln - nur ja nie einen Fuss auch nur einen Zentimeter neben den roten Strich setzen!

 

Nur ich ging natürlich - man muss sich ja von der Masse abheben - auf der anderen Strassenseite und brachte es wohl als erster Besucher fertig, den Weg mehrmals zu verlieren. So irrte ich immer mal wieder orientierungslos durch die Innenstadt, bis ich die menschliche Karawane wieder erspähte und meinen Rundgang fortführen konnte.

 

 

 

Aber auch aus der Höhe, vom Aussichtsdeck des Prudential Towers, machte Boston eine gute Figur

 

 

Der Nachmittag war dem Airport gewidmet (die Ausbeute gibt’s auch irgendwann zu sehen), doch auf dem Rückweg legte ich noch eine Extrarunde am Meer ein und konnte Bostons schöne Skyline in der Abenddämmerung geniessen.

 

 

 

26. Juni: Boston - New York (350km)

 

 

Nachdem ich bisher bustechnisch fremdgegangen war, stand nun meine erste Fahrt mit den berühmt-berüchtigten Greyhounds an, über die ich während der Vorbereitung so viel Schreckensgeschichten lesen musste.

 

Blog-Ausschnitt:
Ich erwarb meinen Buspass für die nächsten 60 Tage, begab mich mehr als eine Stunde zu früh ans Abfahrtsgate meines Kurses nach New York und stellte mich in die überraschend ansehnliche Schlange. Kaum hatte ich mich niedergelassen, gab eine russisch-stämmige Greisin ungefragt und unaufgefordert zum Besten, Greyhound sei mit Abstand die schlechteste und gefährlichste Buslinie des Landes. Wunderbar. Genau, was ich hören wollte.

 

 

Blog-Ausschnitt:
Schliesslich fuhren wir auf New York City zu, verliessen die Autobahn, während am Horizont bereits ikonische Skyline auftauchte. Schon hier bogen wir, auf Höhe der Querstrasse 172, in die 8th Avenue ein. Diese fungierte als Einfallstor nach New York, lag doch an ihrem Ende - mitten in der Stadt - der Busbahnhof. Auf dieser Zielgeraden liessen wir die Querstrassen Nummer für Nummer hinter uns, was in einen veritablen Countdown gleichkam. Eine elektrisierende Stimmung machte sich im Bus breit und jeder schien innerlich mitzuzählen. Dieser Schlussspurt zog sich zwar ein wenig und so musste der arme Sinatra, den ich mir für diesen Moment aufgespart hatte, auf meinem iPod Überstunden schieben und sein "New York, New York" viermal hintereinander zum Besten trällern. Aber schliesslich war ich da: New York!

 

 

 

Nachdem ich meine erste Fahrt in den Greyhounds unbeschadet überstanden hatte, begab ich mich auf den Abend hin mal in Richtung Times Square. Was für ein immenser Menschenauflauf!

 

 

 

Die Stadt pulsiert bis spät in die Nacht hinein, und umgibt einem mit einem überwältigenden, lebhaften Meer aus Farben, Geräuschen und Gerüchen.

 

 

 

 

27. Juni: New York

 

 

 

 

Bei drückender Hitze absolvierte ich ein typisches Sightseeing-Programm. Hauptattraktionen:

Märschchen über die 1,8km lange Brooklyn Bridge, eine Meisterleistung aus dem Jahre 1883

 

 

Angenehm kühle Hafenrundfahrt mit ungestörtem Blick auf die riesige Freiheitsstatue – man beachte, wie klein die Leutchen am Sockel sind!

 

 

Abends entfloh ich der Gluthitze nach oben, und genoss das sagenhafte Panorama vom „The Rocks“, der Aussichtsplattform auf dem Rockefeller Center. In der Mitte das Empire State Building, links das Chrysler Building

 

 

 

 

28. Juni: New York

 

 

Dieser Tag war einigen verbleibenden Sightseeing-Posten sowie dem Abenteuer Spotten am JFK-Airport gewidmet.

 

Blog-Ausschnitt:
Mit etlichen Litern Wasser bepackt machte ich mich auf den Weg. Klappte soweit auch ganz gut, ich musste nur ne Stunde marschieren und erhielt dabei einen intimen Einblick in das andere New York, dasjenige der ärmlichen Vororte, wo sich ein verlotterndes, aber mit wenigen Mitteln bestmöglich zurecht gemachtes Holzhäuschen ans nächste reihte. Von einem verlassenen Fussballplatz aus (der schob hier als Austragungsort einer Randsportart sogar während der WM eine ruhige Kugel) liessen sich auch ein paar Flieger knipsen - bis mich das herannahende Gewitter zurück in die Stadt trieb.

 

 

 

 

29. Juni: New York - Philadelphia - Washington (400km)

 

 

 

Blog-Ausschnitt:
New York hat zum Abschied nochmals eine bleibende Erinnerung hinterlassen - nicht nur die U-Bahn zum Busbahnhof, ja das ganze Perron war heute früh bis auf den letzten Millimeter überlaufen. Die Party macht besonderen Spass, wenn man als Packesel teilnimmt - mit grossem Rucksack hinten und mittelgrossem Rucksacksack vorne. In den dritten Zug hab' ich es aber dann doch noch rein, und sogar an der richtigen Station wieder raus geschafft. Mehr Zufall als Planung.

 

 

 

Am Weg von New York nach DC bietet sich Philadelphia als Zwischenhalt an: Was überm Teich kaum wahrgenommen und höchstens mit Weichkäse aus der Plastikbox assoziiert wird, ist nämlich immerhin die sechstgrösste Metropole der USA. Hier, in der Independence Hall (Bild) wurde die Unabhängigkeit der USA proklamiert und die erste Verfassung der jungen Nation zu Papier gebracht.

 

 

Ziemlich geschichtsträchtiger Boden also, und auch heute noch richtig schön. Auf engen Pflastersteinstrassen, gesäumt von schmuck herausgeputzten alten Backsteingebäuden, verkehren liebliche alte Pferdekutschen. Zugegeben, der letzte Satz war ein Destillat von drei Stunden Besuch, aber die Ansätze waren immerhin vorhanden.

 

 

Washington D.C. empfing mich als saubere, aufgeräumte und durchorganisierte Stadt – ein totaler Kontrast zu New York! Ansporn genug, noch einen kleinen abendlichen Spaziergang anzuhängen. Und der lohnte sich durchaus! Et voilà, das Kapitol der USA

 

 

Gleich gegenüber: Das Washington Monument, ein 170 Meter hoher Obelisk

 

 

 

 

30. Juni: Washington D.C.

 

 

 

Dieser Tag war alleine Washington gewidmet, und war gespickt mit vielen bekannten Bauwerken.

Zu allererst stand Mr. President auf dem Programm, respektive sein kleines weisses Haus – Teleobjektiv nicht vergessen, nahe ran kommt man nämlich nicht!

 

 

Blog-Ausschnitt:
Herzstück Washingtons ist die National Mall, eine drei Kilometer lange Allee, auf der sich Monument an Monument reiht. Im Osten das Kapitol, welches ich tags zuvor bereits erlegt hatte; in der Mitte der 170 Meter hohe Obelix, und am anderen Ende das Lincoln Memorial, wo der Landesvater übergross auf seinem Thron sitzt und über die Geschehnisse wacht. Das musste natürlich alles abgegangen und bestaunt werden. Schon ganz schön imposant, was sie hier alles hingezaubert haben.

 

 

Lincoln Memorial mit seinem „Reflection Pond“

 

 

 

Unterwegs säumten beinahe unendlich viele kleine Memorials den Weg, wie etwa die Gedenkstätten für die Vietnam-Soldaten, für die Weltkriegs-Soldaten, die Korea-Soldaten, die Zinn-Soldaten und so weiter.

 

 

Den Nachmittag verbrachte ich im Museum of Aviation (interessant, aber hachja, halt ein Museum) und am interessanten Reagan-City-Airport (viieeeel besser!), auch davon später mehr. Alles in allem brillierte Washington durch seine imposanten Bauwerke, zeigte sich aber ansonsten etwas bieder und langweilig (ganz anders ist das in den Ghettos ausserhalb der Stadt, aber da verirrt man sich besser nicht hin).

 

 

1. Juli: Washington-Pittsburgh (500km)

 

 

 

Es geht westwärts!

 

Blog-Ausschnitt:
"This bus' goin' all the way to the West Coast, man!" wusste der (wie immer farbige) Busfahrer während seiner Ansage im typischen, dick aufgetragenen Akzent zu berichten. Nein, an die Westküste wollte ich noch nicht, mir reichten die sechseinhalb Stunden von Washington bis nach Pittsburgh. Auch heute gab's nichts spezielles von der Fahrt zu berichten, ausser dass ebendieser Fahrer für einmal nicht kränklich übergewichtig, sondern kränklich magersüchtig ausschaute. Ganz im Gegensatz leider zu meiner Sitznachbarin.

 

 

Blog-Ausschnitt:
Unterbrochen wurde die Fahrt in den Städtchen Hagerstown und Frederick, beide von Deutschen gegründet. Die Orte waren nichts besonderes, boten aber immerhin Radiostationen, welche die Umgebung mit ihrem kernigen Country-Sound eindeckten. Diese Musik passte wie angegossen zu meinem Road Trip: Der gleichmässige, starke Rhythmus von Schlagzeug und Steel Guitar schien mit den Zylindern des Busmotors im Einklang zu hämmern und unser Gefährt voranzutreiben, während die oktavenübergreifenden Fiedel- und Klaviersoli das Auf und Ab der Strasse perfekt instrumentalisierten.

 

 

 

Just etwas vor dem Sonnenuntergang traf ich in Pittsburgh ein, und hatte die Chance, die Skyline der ehemaligen Stahlindustrie-Metropole im Abendlicht einzufangen

 

 

 

 

2. Juli: Pittsburgh - Sandusky (290km)

 

 

 

Vor der Weiterreise begab ich mich noch auf den Duquesne Incline, von wo man einen tollen Ausblick auf Downtown geniesst. Eigentlich wollte ich dort ja schon am Abend zuvor hin – aber während die Seilbahn die ganze Nacht durch fährt, macht der Bus zur Talstation um 19 Uhr Feierabend. Jaja, der amerikanische ÖV :D

 

 

Im Rückweg von der Seilbahn fuhr der Stadtbus mal wieder nicht dort lang, wo ich es eigentlich erwartete, was einen längeren Fussmarsch zurück zum Hotel nötig machte. Immerhin sah ich dank dieses Zwangsstadtrundganges einige futuristische Bauten, die ausschauten, als wären sie einem Heim für architektonisch schwer erziehbare Gebäude entlaufen.

 

 

Blog-Ausschnitt:
Dann ging's weiter, immer westwärts. Äh, wäre gegangen. Wenn wir denn mal in Fahrt gekommen wären. Der Bus war nämlich verspätet. Nun ist es aber so, dass Greyhound unbeschränkt Tickets verkauft. Es gibt also meist mehr Leute mit Fahrscheinen, als Sitze vorhanden sind. So stand ich (der sonst zwei Minuten nach dem Gong keuchend in den Hörsaal platscht) jeweils brav 45 Minuten vor Abfahrt in der Schlange. Daran kann man sich gewöhnen. Etwas unbequem wird's erst, wenn der Bus wie heute mit einer Stunde Rückstand auf den Fahrplan überhaupt einfährt.

 

So stand man kollektiv zu fünfundvierzigst zwei Stunden vor dem Abfahrtsgate – denn absetzen wollte sich auf dem Fussboden keiner. Lebensmüde Kakerlaken schleppten sich hier in kränklicher Gemächlichkeit an Staubklumpen, stark riechenden gelben Pfützen sowie lieblos hingeworfenen Bierdosen vorbei und vervollständigten damit das düster-dreckige Stillleben.

 

 

Nach sechs Stunden warf mich der Windhund im Highway-Städtchen Sandusky ab. Hier liess ich mich in einem typischen Motel direkt an der Autobahn nieder - wie die blöd schauten, als da einer zu Fuss angeschlurft kam!

 

 

 

3. Juli: Sandusky - Chicago (490km)

 

 

 

Blog-Ausschnitt:
Immerhin gabelte mich der Greyhound pünktlich auf und Platz fand ich auch noch - ich hatte sogar eine ganze Zweierreihe für mich. So liess es sich leben, oder besser: schlafen. Landschaftlich verpasste ich nichts; wir durchquerten die Kornkammer der USA, welche mit dem leicht eintönigen Charme endloser Maisfelder sowie der Absenz jeglicher Erhöhungen kaum in Erinnerung blieb. Dafür waren die Persönlichkeiten im Bus ganz unterhaltsam. So hatte sich in der hintersten Reihe ein älterer, betrunkener Herr niedergelassen, welcher die ganze Fahrt über kicherte - was sich dann anhörte wie ein zugedröhnter Donald Duck nach 80 Jahren Drogenkarriere.

 

 

Bei 0:44 gibt Donald nochmals sein Gelächter zum Besten: [url]http://www.youtube.com/watch?v=Xuyg3ZzjXJs#t=0m20s[/url]

 

Blog-Ausschnitt:
In Toledo – Donald stieg glücklicherweise aus – wurde der Bus richtig gemästet. Mit gezielter Schauspielerei (profaner: mich schlafend stellen) konnte ich aber meine Zweierreihe verteidigen und bequem vor mich hin dösen, während draussen immer zahlreicher werdende, qualmende Schornsteine unsere Ankunft im Rust Belt, dem Rost- oder Industriegürtel der USA, markierten.

 

 

 

Unsere sogar verfrühte Ankunft musste natürlich genutzt werden und so sprintete ich in den nahe gelegenen Millennium Park, um einen ersten Eindruck von Windy City zu gewinnen. Es war jedoch nicht der Wind, welcher mich umherwirbelte, sondern die unglaubliche Anzahl Flanierer: Halb Chicago sowie die Polizeikorps der umliegenden fünf Bundesstaaten schienen auf den Beinen zu sein. Willkommen in der Grossstadt!

 

 

 

 

4. Juli: Milwaukee

 

 

Am Nationalfeiertag stand ein Ausflug ins zwei Stunden entfernte Milwaukee auf dem Programm. Grund war ein Konzert von Country-Star Carrie Underwood, welches ich besuchen wollte. Aber auch die Stadt selber machte einen durchaus schönen, entspannten Eindruck.

 

 

Die Milwaukee City Hall war bei ihrer Fertigstellung 1895 dank dem 108 Meter messenden Turm das zweithöchste Bauwerk des Landes.

 

 

 

 

5. Juli: Chicago

 

 

 

Blog-Ausschnitt:
Chi-Town. So lautet die gebräuchliche Abkürzung für Chicago. Kurz, bündig, schnörkellos, passend. Oft auch abgewandelt in Shy-Town, weil scheu irgendwo im Schatten des glamourös-bekannten New Yorks kauernd. Dass sich Chicago aber ganz und gar nicht zu verstecken braucht, fand ich heute ziemlich schnell heraus.

 

 

 

 

Auf der Suche nach dem Startpunkt einer Bootsfahrt irrte ich eine geschlagene Stunde durch Chinatown – immerhin gab’s aber auch einen netten Downtown-Ausblick mit industriellem Touch – passt!

 

 

Das Ziel der wunderbaren Bootsfahrt war das Geschäftsviertel am Chicago River.

 

Blog-Ausschnitt:
Was einst eine düstere Industriestadt war, glänzt heute mit einem durchaus harmonischen Kontrast aus alt und neu, Stahl und Glas, Geschichtsträchtigem und Geschichte schreibendem. Auf rostigen Hochgleisen scheppern metallisch-schimmernde Metro-Wagen über die Strassen hinweg, während eine Ecke weiter schneeweisse Yachten im leicht türkisenen Wasser dümpeln. Dem Fluss entlang wurde eine Flaniermeile angelegt, die sogar einzelne Amis für kurze Zeit in begeisterte Fussgänger verwandelt - und das will ja was heissen. An jeder Ecke juckt der Knipsfinger freudig, in Aussicht auf weitere lohnende Fotomotive.

 

 

 

 

 

 

Vom Aussichtsdeck des bekannten Willis Tower (ehemals Sears Tower) offenbart sich ein wunderbarer Blick auf den Business District

 

 

 

 

6. Juli: Chicago - St. Louis (600km)

 

 

Vor der Fahrt wartete nochmals ein Mammut-Morgenprogramm in Chicago. Kurz mit dem Bus zum Adler-Planetarium, für einen morgendlichen Blick auf die Skyline

 

Dann durch die ganze Stadt in den Norden: Dort warteten die Juwelen in Chicagos Krone - prächtige Sandstrände, gleich am Fuss der Wolkenkratzer gelegen. Während des halbstündigen Wartens auf ein Sonnenloch genoss ich ein erfrischendes Bad im Lake Michigan!

 

Punkt 8.55 Uhr stand ich beim Hancock Tower vor dem noch geschlossenen Gitter. Fünf Minuten später war ich der erste und einzige, der nach der Öffnung im schnellsten Aufzug der Stadt in den 94. Stock katapultiert wurde. Oben wartete die zweite Aussichtsterrasse Chicagos und weckte mich mit einem atemberaubenden Blick auf Skyline, See und Strände.

 

Trotz des Programms erwischte ich meinen Greyhound-Bus, und es sah lange nach einer gemütlichen Fahrt mit zwei Sitzplätzen für mich allein aus. Bis:

Blog-Ausschnitt:
Beim allerletzten Halt in der Agglomeration Chicago enterte eine veritable Wuchtbrumme, die mehr an ein Walross denn an ein menschliches Geschöpf erinnerte, unseren Bus.

Entweder durchschaute sie meine Methode (wobei ich immer fand, ich könnte den Schlafenden sehr überzeugend mimen), oder sie war einfach derbstens unfreundlich - jedenfalls riss sie mich förmlich aus meinem Sitz und platzte neben mir nieder. Fortan hatte ich noch die Hälfte meines Sessels zur Verfügung, sass halb auf der Armlehne und halb auf den Ausläufern ihres rechten Oberschenkels, und flog bei jeder Linkskurve fast in den Gang. Irgendwann entschied sich Frau Walross auch noch, sie wolle nun seitwärts sitzen (oder liegen, eine Abgrenzung war schwierig). In ihrem Plan kam ich definitiv nicht vor, und so walzte sie mich mit ihrem heftigst überdimensionierten Allerwertesten einfach zur Seite, bis sie ein weiteres Drittel meines Sitzes errungen hatte.

 

 

Ich sehnte also die Ankunft in St. Louis wie kaum je eine Stadt herbei.

Nach sieben Stunden Busfahrt war ich bereit für den abendlichen Sprint – die Jagd nach Sehenswürdigkeiten, bevor die Sonne ganz weg ist. Bittesehr, das Kapitol des Bundesstaates – dahinter blinzelt schon St. Louis‘ grösste Attraktion hervor.

 

 

Geeenau, der 192 Meter hohe Gateway Arch – das symbolische Tor zum Westen. Sieht vor allem aus der Nähe seeehr imposant aus…

 

 

…prägt aber auch aus der Ferne das Stadtbild (unten fliesst übrigens kein Geringerer als der berühmte Mississippi)

 

 

 

7. Juli: St. Louis - Memphis (455km)

 

 

 

Blog-Ausschnitt:
Das Hotel in St. Louis lag praktischerweise direkt neben dem Greyhound-Busbahnhof – dank Priceline.com konnte ich mir für 60 Franken das Sheraton ergattern (besten Dank an Frank Sasse für den Tip!), und die sieben Kissen auf dem Bett mussten natürlich allesamt intensiv durchgeknetet werden. Daraufhin machte ich mich wieder bereit fürs Abtauchen in die Unterwelt. Das heisst: Vom Sheraton einmal um den Block gehen, damit die Penner bei der Bus-Station nicht direkt sehen, wo ich herkomme. Mein Gepäck von der trendy Sporttasche wieder in einen Tramper-Rucksack verwandeln, etwas mit Staub bepudern, das Haar zerzausen - los geht's!

 

 

Die Fahrt führt südwärts, mehr oder weniger dem Mississippi entlang.

 

Blog-Ausschnitt:
Die Landschaft war weiterhin monoton, aber immerhin anders monoton als vorher: Waren es gestern noch endlose Maisfelder, säumten nun ausgedehnte, dichte grüne Wälder die Autobahn. Untrügerisches Zeichen für die Annäherung an den Süden. So richtig bewusst wurde mir die Ankunft in den Südstaaten, als mich das Kassen-Mädel an der Raststätte plötzlich in heftigstem Akzent bediente. Die Bezeichnung Southern Drawl gibt es lautmalerisch eigentlich ganz passend wieder - die Leute sprechen hier, als hätten sie ‘ne Ladung E-Gitarren verschluckt.

 

 

 

 

8. Juli: Memphis

 

 

Memphis’ Star ist natürlich der King, Elvis Presley. Doch sein Graceland liegt weit ausserhalb und verlangt überrissene Eintrittspreise – nichts für mich. So machte ich es mir an der schön begrünten Fussgängerzone (!) namens Main Street gemütlich, die aber jetzt auch nicht so waaaahnsinnig interessant ist

 

 

Blog-Ausschnitt:
Zu weit von ihr entfernen sollte man sich auch nicht, denn da warten bis an die Zähne bewaffnete Gangs, welche ihrer Heimatstadt zum kometenhaften Aufstieg in der US-Kriminalstatistik verhalfen, wo sich Memphis seit Jahren auf dem Treppchen festgebissen hat. 19 Tötungsdelikte geschehen hier jährlich pro 100‘000 Einwohner – 5,2 sind es im US-Durchschnitt, nur 0,7 in der Schweiz.

 

 

So gönnte ich mir eine entspannte Flussfahrt auf dem Mississippi (genau das richtige, bei den tropischen Temperaturen) und machte abends noch einen kurzen Abstecher zur Party-Meile, der Beale Street – dem ehemaligen Mekka der Blues-Musik.

 

 

 

 

9 Juli: Memphis - Nashville (350km)

 

 

 

Morgens versuchte ich mich im Spotting am Airport, welcher die Heimat der FedEx-Frachter ist. Leider hatte die Polizei nicht ganz so viel Freude an mir. Genervt und enttäuscht machte ich mich auf den Heimweg, doch wirklich besser wurde die Laune nicht:

 

Blog-Ausschnitt:
Wiederum 40 Minuten warten auf den Bus, Fahrt in die Stadt, Checkout im Hotel und ab zu Greyhound. In den Südstaaten läuft klischeehaft alles etwas gemächlicher, und eine entspannte Arbeitshaltung mag ja durchaus gut und schön und der Gesundheit förderlich sein - aber bitte nicht, wenn ich einen Bus zu erwischen habe. Verantwortlich für meine Lethargie-Überdosis war die Ticket-Dame, respektive das kaum arbeitende, unförmige Etwas, welches hinter dem Schalter lungerte und neben dem grossflächigen Einbalsamieren seines feissen Gesichtes mit etlichen Beauty-Produkten ab und zu auch noch eine Fahrkarte aushändigte. Geschlagene 25 Minuten brauchte sie, um fünf Leute zu bedienen. So fiel mein Überfall auf die Snack-Automaten ins Wasser, ich durfte vielmehr direkt zum Bus sprinten und sah mich mit vier Stunden Fahrt ohne Speis und Trank konfrontiert. Kein Problem, hätte ich nicht seit dem Aufstehen noch keine Zeit gehabt, mich überhaupt irgendwie zu verköstigen.

 

 

 

Doch auch in Nashville hatte es Murphy auf mich abgesehen!

 

Blog-Ausschnitt:
Um 18 Uhr In Nashville angekommen, suchte ich die erste gesichtete Frittenbude auf und wollte mich endlich verköstigen. Schön und gut, nur brauchten die auch wieder eine Ewigkeit, um die bescheidene Anzahl Kunden zu bedienen. Irgendwie ist da heute der Wurm drin.

 

Als ich dann endlich mein Brunner (Breakfast-Lunch-Dinner) verdrückt hatte, stand mir der lange Marsch zur Jugendherberge bevor, denn natürlich machte der ÖV um 18 Uhr Feierabend. Aber man läuft ja gerne schwer bepackt zwei Kilometer den Hügel hoch, auch bei 35 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit. Das hätte ich leiser denken sollen - just da öffnete sich nämlich der dunkle Himmel und ein heftiger Gewitterregen begann niederzuprasseln.

 

 

 

 

 

 

10. Juli: Nashville

 

 

Nashville, die Hauptstadt der Country-Musik, müsste eigentlich genau meinen Geschmack getroffen haben. Aber irgendwie lief es auch heute nicht so recht. Immerhin war das Country-Musik-Museum durchaus interessant (Bild), und am Abend hellte ein Besuch der Grand Ole Opry, einer traditionsreichen Country-Veranstaltung meine Laune wieder auf. Zeigenswerte Stadtbilder: Fehlanzeige!

 

 

 

11. Juli: Nashville - Atlanta (420km)

 

 

 

Tagwache um 04:30. Grund: Rechtzeitig in Atlanta ankommen, um den WM-Final zu gucken.

 

Blog-Ausschnitt:
Auch ich betätigte mich durchaus sportlich: Anmächelige zwei Kilometer Fussmarsch mit Sack und Pack durch die dunkle, ausgestorbene Innenstadt bis zur Busstation. Unnötig zu erwähnen, dass auch Nashville immer mal wieder in den Top Ten der Kriminalstatistik auftaucht. Wider erwarten waren aber keinerlei Obdachlose oder andere finstere Gestalten zu erspähen. Ich dachte bereits, ich wäre der einzige wache Mensch in der Stadt - da öffnete ich die Tür zum Busterminal und fand um halb sechs eine hyperaktive Menschenmasse vor, die jeden Bienenschwarm vor Neid erblassen liesse. Einmal mehr war das mit der Schlange fürs Ticket so eine Sache - es reichte dann aber doch, um punkt 6 Uhr würgte der gut gelaunte Fahrer den Gang rein und wir waren unterwegs.

 

 

 

Ansonsten gab’s an diesem Tag vor allem Fliegerfotos – und die kommen später :-)

 

 

 

12. Juli: Atlanta

 

 

 

Okay. Atlanta. Der Flughafen ist der betriebsamste der Welt. 88 Millionen Passagiere jährlich. Zürich bringt's auf 20. Doch kennt irgendjemand eine berühmte Sehenswürdigkeit der Stadt? Eben. Ist aber nicht verwunderlich. Wenn bei Tripadvisor in den Top 10 der Aktivitäten für Atlanta sogar die IKEA auftaucht, dann muss Tourismus-technisch etwas ziemlich grob im Argen liegen.

 

Ich versuchte es trotzdem, doch bald machte sich Ernüchterung breit:

 

Blog-Ausschnitt:
Ich wanderte während einer Stunde durch das komplette Geschäftsviertel, ohne je auch nur ansatzweise den Drang zu verspüren, die Kamera aus dem Rucksack klauben zu wollen. Ich begann mich echt zu fragen, was die armen Leute hier auf ihre Postkarten drucken. Zudem waren die Strassen absolut leergefegt, keine Menschenseele in Sicht. Während meines Streifzuges wurde ich das Gefühl nicht los, die gesamte Einwohnerschaft wäre nachts zuvor von einem Giftgasanschlag dahingerafft worden und ich würde nun als einziger Überlebender durch eine Geisterstadt irren. Voller Hoffnung machte ich mich zum State Capitol auf – das Kapitol ist normalerweise eine verlässliche sehenswerte Oase in der Betonwüste architektonischen Brachlandes, wie sie US-Städte viel zu häufig sind. Das Exemplar in Atlanta jedoch unterschied sich auch nur dank seiner goldenen Kuppel vom grauen Einheitsbrei – und deren Glanz verpuffte nahezu ungesehen im düsteren Licht dieses bewölkten Tages.

 

 

 

Umso schöner war dann das Georgia Aquarium (bei Tripadvisor weit hinter der IKEA gelegen), welches mir für eine Stunde beste Unterhaltung bot

 

Hier habe ich definitiv die schönsten und interessantesten Einwohner Atlantas gefunden. Das ist zugegebenermassen auch nicht weiter schwer, da jede Gestalt, die einem hier sonst über den Weg läuft trinkt, lallt, kotzt, bettelt, oder sich alledem in Kombination hingibt, was dann wohl als Atlantischer Vierkampf zu betiteln ist.

 

 

Ein gutes Bild der Stadt wollte ich aber trotzdem schiessen, und ich hatte auch bereits einen Plan.

 

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Dafür musste ich aber bis zur Dämmerung warten - was keine Sache wäre, wenn man nicht, sobald man irgendwo stehenbleibt oder gar absitzt, von einem Heer Bettler belagert würde. Immer in Bewegung zu bleiben ist also das Geheimnis, und so trottete ich zwei Stunden lang geplant ziellos durch die immer gleichen Strassen. Ein McDonald’s bot Schutz vor dem üblichen Nachmittags-Gewitter, nicht jedoch vor den geldgierigen Obdachlosen: Die setzten sich sogar während des Essens stinkfrech gegenüber an meinen Tisch und deckten mich mit ihren von Alkoholfahnen eskortierten Bittstellungen ein.

 

 

Doch es lohnte sich!

 

 

 

 

13. Juli: Atlanta - Savannah (400km)

 

 

Erste positive Überraschung des Tages: Endlich mache ich Bekanntschaft mit dem MC-12, dem ältesten Mitglied der Greyhound-Flotte.

 

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Seit mehr als 20 Jahren pflügt der Busdinosaurier nun schon durch die ärmeren Südstaaten der USA, während an der geschäftigen Ostküste bereits luxuriöse Vehikel mit Steckdosen und Internetverbindung eingesetzt werden. Die Air-Condition war klar ein vor-Klimaerwärmungs-Design und wirkte mit dem Südstaaten-Sommer ziemlich überfordert. Bei Betätigung der Scheibenwischer zischte und rumorte es im ganzen Gefährt und der Regen tröpfelte neckisch durch die Decke auf unsere Häupter nieder. Dieser Genuss währte fast die gesamte Fahrt über, denn wir zuckelten mit etwa der gleichen Geschwindigkeit ostwärts wie das heftige Gewitter über uns.

 

 

 

Zweite positive Überraschung war das Städtchen Savannah: Wunderbar grün, an jeder Ecke ein Park, viele ältere oder sonst charakterstarke Bauten. Bloss Petrus war nicht so ganz mein Freund.

 

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Gewitter um Gewitter suchte Savannah heim und Petrus war offenbar in Planschlaune. Kannst du haben - ich bin gerüstet! Ich hatte zwar Badehosen und Strandlatschen nicht fürs Sightseeing mitgenommen - aber bitte sehr, es geht auch so. Verkleidet wie der durchschnittliche Tourist im Rentneralter – nur auf die weissen Socken in den Sandalen verzichtete ich – begab ich mich auf den Stadtrundschwumm.

 

 

Die Uferpromenade, düster aber schön

 

Eine der zahlreichen grünen Alleen; von den Bäumen hängt das für die Südstaaten typische Louisianamoos.

 

 

 

 

14. Juli: Savannah - St. Augustine (310km)

 

 

 

Die Fahrt nach St. Augustine war eine von der anstrengenderen Sorte, setzte ich mich doch mitten in eine veritable Gang rein.

 

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Als Zusteiger an einem Halt entlang der Route stand ich vor der unattraktiven Aufgabe, in einem Bus, der gerade eine Nacht lang durchgefahren war, einen schönen und sauberen Platz zu finden. Schliesslich landete ich mal wieder im gefürchteten hintersten Viertel, natürlich ohne wirklich einen solchen Platz gefunden zu haben. Als weisser Blondschopf war ich ziemlich schlecht getarnt und bald die Attraktion der umliegenden Sitzreihen. So vergingen dann also die nächsten Stunden mit dem Beantworten seltsamer Fragen, welche die finsteren Gestalten um mich herum halt so hatten: Ob in der Schweiz viele Autos geklaut würden, wie es mit dem Drogenhandel aussähe und ob es viele Gangs gäbe. Auch einen Intensivkurs in Gangstersprache bekam ich verabreicht, meine brav mit möglichst gefährlicher Miene repetierten Sätzlein sorgten für ordentliches Gelächter. Erst als ich mir dann doch entlocken liess, dass ich Jura studierte, wurde es plötzlich mucksmäuschenstill und man fand, ich solle doch besser wieder meine Kopfhörer satteln und weiter Musik hören. Von da an war Ruhe im Bus. Lektion des Tages: Nicht mehr hinten sitzen, egal wie schräg die Passagiere weiter vorne scheinen.

 

 

Doch die Mühen waren vergessen, sobald ich das wundervolle Städtchen St. Augustine erblickte: Mitten in Florida, wo man es am wenigsten vermuten würde, ist es doch tatsächlich die älteste Stadt der USA: 1565 von den Spaniern errichtet. Die Briten schauten auch mal noch kurz vorbei und schliesslich fiel das Örtchen dann den Amerikanern zu.

 

Neben den engen Gässchen der Altstadt begeistert vor allem die eindrückliche Spanische Kolonialarchitektur.

 

 

Ehemaliges Luxushotel „Ponce de Léon“, 1887.

 

 

 

 

 

15. Juli: St. Augustine - Orlando - Miami (550km)

 

 

Das war eine richtige Odyssee von 12 Stunden. Tagwache: 04 Uhr. Aber alles andere hätte in einer Ankunft in Miami lange nach Einbruch der Dunkelheit resultiert, und zu dieser Zeit will man sich in der Umgebung des Greyhound-Terminals nicht mehr blicken lassen - ausser man sucht Ärger, möchte sich seiner Elektronik entledigen oder hat mit dem Leben abgeschlossen.

 

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Als Frühsport fungierte ein nettes kurzes Märschchen durch St. Augustine im Tiefschlaf. Weniger nett war dann das grässliche süssliche Gestankgemisch aus Schweiss, Fast Food und weiss Gott was allem, wie es nur beim Besteigen eines Nachtbusses um 5 Uhr morgens erlebt werden kann. Wenigstens hatte ich darin nur die ersten zwei Stunden zu verbringen, bis zum Vergnügungspark-Mekka Orlando.

 

 

Feines Frühstück und Begegnung mit einem Ex-Knacki war auch im Programm:

 

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Dort ging's nach einem herrlich gesunden Frühstück (ein vor Fett triefender Cheeseburger war die einzige verfügbare Speise) weiter nach Süden, fünf Stunden diesmal, wenigstens in einem frischen Bus. Vis-à-vis sass ein Ex-Knacki, der soeben entlassen wurde und – aus welchen Motiven auch immer - von meinem iPhone hell begeistert war. Damit wäre die Geschichte, jeder Häftling erhalte bei seiner Entlassung ein Greyhound-Ticket in die Hand gedrückt, also auch verifiziert. Wunderbar.

 

 

Der verhielt sich aber ruhig, ganz im Gegensatz zu…

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einem nimmermüden vierjährigen Junge in der Reihe hinter mir, der mit einer gewaltigen Stimmkraft von zehn Obamas gesegnet im Fünfminutentakt seine Mami für den ganzen Bus hörbar quängelnd fragte, ob sie jetzt schon in Määäääämmiii seien. Derweil zogen draussen endlose Sümpfe vorbei, dann wieder Palmhaine, wieder Sümpfe, mal ein grösserer See, und schliesslich die ersten Apartmentpaläste.

 

 

Ankunft in Miami, doch die Odyssee war noch nicht vorüber – ich musste noch quer durch die Stadt durch nach Miami Beach, wo meine Herberge lag.

 

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Dieses Unterfangen dauerte geschlagene zwei Stunden - was schwer bepackt, stehend im vollgepferchten Pendlerbus bei tropischen Temperaturen unzählige verhasste Blicke erntete und auch für den Packesel selber nicht wirklich angenehm war.

 

 

 

Doch die Tortur hatte sich gelohnt. Die Jugendherberge liegt am 928 Ocean Drive - was für eine klingende Adresse! Einmal aus der Tür stolpern und ich stehe direkt am paradiesischen Sandstrand von Miami Beach.

 

 

 

 

16. Juli: Miami

 

 

Der Freitag war mein erster Frei-Tag, denn das Wetter war düster, und Miami macht sich bewölkt nicht ganz so sexy auf Fotos.

 

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Adäquates Wetter fürs Föttelen am Airport wär's wohl gewesen - aber mit je zweieinhalb Stunden pro Weg (!!) lohnt sich das nicht mehr, wenn man erst um 14 Uhr abdampfen kann. Also blieb die Wahl zwischen dem grauen Zimmer und dem grauen Strand. Am Strand riecht's nicht so derb und die Aussicht ist unbestritten besser, also Buch, Drink und einen Sack Honig-Popcorn gesattelt und ans Meer gestolpert. Und dort blieb ich dann für 200 Seiten, respektive bis kein Licht zum lesen mehr übrig war.

 

 

Als ich vom Strand zurückkehrte, zeigte sich der Ocean Drive in seinem allnächtlichen Farbenkleid – DAS Ausgeh-Mekka schlechthin (das blaue Haus ist die Herberge, rechts läge direkt der Strand).

 

 

 

 

17. Juli: Bootsrundfahrt Miami und Airport

 

 

 

Heute begab ich mich mal wieder auf’s Wasser, Bootstouren sind ja nie eine schlechte Idee. Zuerst dümpelten wir eine Ewigkeit lang durch den Hafen, doch dann wurde es besser…

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Der zweite Teil der Tour war besser; es wurden die diversen Star-Villen auf den unzähligen vorgelagerten Inseln abgeklappert, wo homo sapiens prominensis in seinem natürlichen Habitat beobachtet werden kann. Natürlich ist die Spezies aber Meister des Versteckspiels und ward nicht gesichtet - wobei es mich, hätte ich 50 Millionen für eine solche Hütte hingelegt, ja auch nerven würde, wenn alle halbe Stunde ein Gafferboot vorbeigedümpelt käme. Die Villen selber liessen sich aber nicht verstecken, und so gab's trotzdem was zu knipsen. Ich freute mich derweil diebisch darüber, dass ich im Gegensatz zu diesen Millionenbauten für nur 23 Franken die Nacht einen super Sandstrand vor der Türe hatte. Ätsch.

 

 

Stellvertretend für drei Dutzend Prunkpaläste das Häuschen von US-Schauspielerin Rosie O’Donnell – 6,7 Millionen betrug der Kaufpreis 1999.

 

Blick auf Miamis Skyline bei der Rückkehr zum Hafen – mehrheitlich Apartment-Paläste

 

Danach folgte ein Abstecher zum Flughafen, die zweimal 2,5 Stunden Busfahrt wurden mit reicher Ausbeute belohnt.

 

 

 

18. Juli: Miami City Tour und Everglades

 

 

 

Irgendwie tat ich mich mit Miami schwer und wusste nie so recht, was ich mir überhaupt anschauen sollte. Auch mein allwissender Reisebegleiter im A5-Format blieb erstaunlich stumm. So liess ich den Backpacker in mir schweren Herzens für einen Tag zurück und schloss mich dem Feind jedes Alleinreisenden an, den Tourgruppen. Stadtrundfahrt Miami. Die werden ja wohl wissen, was es hier zu sehen gibt - immerhin hat die Sache nicht weniger als zwei Übernachtungen gekostet.

 

Doch nix war’s!

 

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Die Veranstaltung begann mit einem Rundkurs im Art Deco-Quartier - war ja klar, soweit bin ich auch schon gekommen. Weiter ging's nach Downtown Miami, welches ich ja eigentlich sehen wollte. Wobei, nein, dieses liessen wir eiskalt links liegen und steuerten direkt weitere Vororte an. Jene hatten zwar wunderschöne Namen wie Coconut Grove und Coral Gables, ansonsten aber (von ein paar zusätzlichen Promi-Villen und einem pompösen Luxushotel abgesehen) auch nix zu bieten.

 

 

Zum Abschluss der Tour stand ‚Little Havanna‘ auf dem Programm, das kubanische Einwandererviertel

 

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"Wo man sich fühlt wie mitten im tiefsten Kuba", wie die schrille Roboterstimme des virtuellen Tour Guides verheissungsvoll durch den Bus trällerte. Naja, wenn sich in Kuba auch McDonalds an Burger King an Subway reiht und Havanna von gleich einfallslosen Bauten überwuchert wird wie in den USA vielleicht - ansonsten konnte ich von kubanischem Flair beim besten Willen nichts ausmachen. Ausser den paar Zigarren qualmenden, älteren Herrschaften in typischen Anzügen und Hüten vielleicht, wobei ich den starken Verdacht hege, dass die vom Tourismusbüro dort postiert wurden und sich punkt 17 Uhr die Gage abholen durften.

 

 

 

 

Doch das war noch nicht alles – am Nachmittag folgte ein Abstecher in die Everglades!

Kaum waren wir in den typischen Booten verfrachtet, liessen sich auch schon jede Menge Alligatoren blicken – I like!

 

 

Zum Schluss folgte der Spass-Teil der Veranstaltung und die Boote wurden mit Vollkaracho durch den Sumpf gepeitscht. Sah nicht ganz so cool aus wie bei David Caruso im CSI-Intro, machte aber trotzdem was her.

 

 

 

 

19. Juli: Miami - Key West (270km)

 

 

Bye bye Miami! Schon im Stadtbus zur Greyhound-Station lernte ich meine heutige Reisebekanntschaft kennen:

 

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Schon da traf ich eine rüstige Deutsche Rentnerin, respektive konnte ich sie gar nicht übersehen. Zum einen, weil ihr an den Fahrer gerichtetes "doos sis bas go tu se greeehaund stesen?" so akzentuiert war, dass ich ernsthaft befürchtete, es würden gleich unter pompösem Getröte des Deutschlandliedes schwarz-rot-goldene Fahnen von der Decke spriessen. Und zweitens, weil sie in ihrem vielfarbig knalligen Hawaiihemd und dem noch viel bunteren, schrecklichen Hut schlicht und einfach nicht zu übersehen war.

 

 

 

Die Greyhound-Etappe war unbeschreiblich schön und übertraf die Erwartungen bei weitem: Auf dem schmalen, hellgrauen Betonband des Overseas Highway glitten wir über die zahlreichen Brücken von Insel zu Insel, unter und neben uns nichts als das endlose, klare, abwechselnd türkis- und azurblaue Meer. Jede Insel ("Key") war perfekter als die letzte und begrüsste uns mit malerischen Buchten oder traumhaften Stränden.

 

 

Nach genau einem Monat auf Reisen hatte mir Greyhound die bisher schönste Busfahrt meines gesamten Trips beschert. Wundervolle drei Stunden dauerte es, bis wir den ganzen Schlüsselbund abgefahren hatten und bei der letzten und bekanntesten Insel angelangt waren: Key West.

 

 

 

Das ganze Dörfchen, 'tschuldigung, Städtchen hat mit seinen engen Strässchen und hübschen Häuschen einen sehr entspannten Charme, der sich irgendwo zwischen verträumtem Piratennest und touristischem Märchendorf bewegt. Kein Wunder: Hier am Ende der USA, näher bei Kuba als bei Miami, geht halt alles etwas ruhiger von statten und die Hektik des Festlandes ist weit entfernt. Key West Time nennt sich diese lokale Zeitrechnung.

 

 

 

 

 

20. Juli: Key West - Ft. Lauderdale - Tampa (450km)

 

 

 

Endlich ging’s wieder in die Luft, wenn auch nur kurz! Von Key West flog ich zurück nach Fort Lauderdale etwas nördlich von Miami, wo es dann mit dem Bus weiterging. Anflug auf FLL, das Venedig der USA!

 

Feines Nachtessen „on the road“ – respektive während eines kurzen Halts an einer Fastfood-Raststätte. Honey BBQ Pork von Wendy’s – wurde zu meinem Leibgericht *g*

 

 

Blog-Ausschnitt:
Zwei Stunden nach Einbruch der Dunkelheit Ankunft in Tampa und Marsch durch die gespenstisch ausgestorbene Innenstadt zum Hotel. Was ich hier will? Schlafen vor den nächsten sieben Stunden Busfahrt, nichts weiter. Ein feines Bett steht bereit - leider wird unsere Beziehung nur gerade 2,5 Stunden dauern. Zehn Dollar in die Kopfgeld-Sammelkasse für den Fahrplan-Witzbold von Greyhound, dessen Lieblingszeit offenbar 5 Uhr morgens ist und der – ich kann ihn mir bildlich vorstellen – in seinem kleinen Kämmerlein beim Kritzeln der Pläne hämisch grinst und eine diebische Freude hat, wenn er die armen Passagiere ihres hart verdienten Schlafs berauben kann.

 

 

 

 

21. Juli: Tampa - Orlando - Tallahassee (580km)

 

 

Ein ganz normaler Reisetag…

 

Blog-Ausschnitt:
Uff. Draussen ist es doch ziemlich hell für 4.30 morg...shit! Ich hatte eiskalt meinen direkten Bus nach Tallahasse verpennt. Bravo. Damit rückte das heutige Etappenziel in weite Ferne. Oder doch nicht? Ich haute tüchtig in die Laptop-Tasten, probierte einige Umsteigekombinationen, und siehe da: In einer halben Stunde sollte ein Bus nach Orlando gehen, wo es - mit knapper Umsteigezeit zwar - eine Verbindung nach Tallahassee gab. Also in Windeseile meine sieben Sachen gepackt und zum Busterminal gespurtet. Am Ticket-Schalter die Ernüchterung: Der Orlando-Bus war ausgebucht. Immerhin nahm mich die Dame auf die Warteliste, doch als Nummer sieben sollte ich mir keine zu grossen Hoffnungen machen.

 

 

Eine einberaumte Volkszählung offenbarte dann doch noch genügend freie Plätze, es konnte losgehen.

 

Blog-Ausschnitt:
Die zweistündige Fahrt nach Orlando verlief insgesamt so chaotisch, dass erst der Fahrer ausflippte, daraufhin eine ältere Dame weinend den Bus verliess und schliesslich ein jüngerer Herr ebenfalls wutentbrannt von dannen stürmte. Deren Probleme erschlossen sich mir nicht ganz, ohnehin war ich mehr auf meine Uhr fokussiert: Die Minuten rannen gnadenlos davon.

 

Ankunft in Orlando. Wiedermal Orlando, wie nett. Meine Umsteigezeit war von einer halben Stunde auf mikrige fünf Minuten geschmolzen und ich brauchte noch ein Ticket. Zum Glück war ich zur Schalterdame beim letzten Besuch so freundlich gewesen - sie erkannte mich prompt wieder und stellte mir meine Fahrkarte aus, obwohl sie das eigentlich nur bis 15 Minuten vor der Abfahrt dürfte. Ich erwischte also auch den zweiten Bus noch und entrann Murphys Fängen erneut.

 

 

Ankunft in Tallahassee, der –wer hätte es gedacht – Hauptstadt Floridas. Sehr beschaulich, auch wenn fotogene Bauten gänzlich fehlten. Und das Kapitol ist ein echter Schandfleck, trotz dynamischer Delfinstatue

 

 

 

22. Juli: Tallahassee - Mobile - New Orleans (700km)

 

 

Eine Monsterstrecke, die ich mir selber eingebrockt hatte. Statt dem Direktbus nahm ich nämlich den Regionalservice, welcher auf verschlafenen County Roads durch die Lande gondelte und viele kleinere Städte an der Küste anfuhr. Küste? Genau, der Golf von Mexiko – dementsprechend leergefegt waren die passierten Strände.

 

 

Immerhin, Punkt 18 Uhr erreichten wir New Orleans. Welch angenehme Überraschung!

 

Blog-Ausschnitt:
Welch angenehme Überraschung! Ich fühlte mich wie in Europa, denn wunderschön gestaltete Häuser mit bröckelnden Fassaden verströmen mediterranes Flair. Auf einem Ministadtrundgang posaunte an der ersten Strassenecke ein fülliger Tenor Amazing Grace und die Nationalhymne in den Abendhimmel, an der nächsten trieb ein Saxophonist sein Instrument in neue Höhen und an der dritten rockte eine kleine Strassen-Countryband den Bürgersteig.

 

 

Als Grande Finale durfte ich im Schatten der imposanten Kathedrale einen traumhaften Sonnenuntergang geniessen, welcher die erlebten Reisestrapazen im Nu wieder kompensierte.

 

 

 

 

 

23. Juli: New Orleans

 

 

 

Auch heute begeiserte das French Quarter, New Orleans’ Paradeattraktion. Abendlicher Stadtbummel durch die verträumten Gässchen

 

 

Kirchenwerbung, American Style!

 

 

Auch über den Mississippi (jaja, schon wieder der) traute ich mich noch kurz, und genoss vom Städtchen Algiers am anderen Ufer den Blick auf die Skyline

 

 

 

 

24. Juli: New Orleans - Houston (560km)

 

 

560 Kilometer, 7 Stunden - man gewöhnt sich dran. Schon wieder gab es einen neuen Bundesstaat einzusammeln: Das berühmt-berüchtigte Texas.

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Ja, ich lebe noch, wurde weder exekutiert noch von einem schiesswütigen Cowboy niedergestreckt. Aber es hat schon was; die schrägsten Leute, die man unterwegs so trifft, kommen alle aus Texas. Irgendwas muss am leicht angeknacksten Image also dran sein. Andererseits: Der Staat ist doppelt so gross wie Deutschland und zählt 24 Millionen Einwohner. Da gibt's dann auch ein paar schwarze Schafe mehr...

 

 

Die Fahrt war nicht allzu speziell, und in Houston begab ich mich umgehend an den Airport für ein paar Fotos.

 

 

 

25. Juli: Abstecher nach St. Louis

 

 

Heute brach ich kurz aus dem Reiseplan aus, um nach St. Louis zurück zu jetten und eine meiner Lieblingsbands, Sugarland, live zu sehen. Dank Southwest gar kein so teures Unterfangen, und mittels einer geschickt eingebauten Zwischenlandung konnte ich gleich die Skylines der grössten (Houston) und der drittgrössten texanischen Stadt (Dallas) auch noch einsammeln.

 

 

 

 

 

26. Juli: (St. Louis) - Houston - San Antonio (340km)

 

 

 

Der Southwest-Flug zurück nach Houston war eine einzige Comedy-Show:

Blog-Ausschnitt:
Hervorzuheben ist der Flight Attendant, der noch dreissigmal mehr Witztabletten eingeworfen haben muss, als die Southwest-Crews ohnehin schon zum Start jedes Arbeitstages verabreicht bekommen.

 

Das fing bei der Begrüssung mit "my name is Luca - and yes, I live on the second floor" an (als Referenz zum Suzanne Vega-Song) und führte über einige nette Anmerkungen bei der Safety Demonstration ("we don't intend to turn this ship into a cruise ship - but should we change our mind, you'll find life jackets under the seats in front of you. Good luck with those!") schliesslich zum Abschied, wo er der Menge einen Applaus für den 97-jährigen "Joe" abrang, der heute zum ersten Mal geflogen sei - nur um danach anzufügen, dass er den Captain meine. Achja, gutes Feedback solle man gerne an Southwest adressieren, schlechtes bitte an Northwest - was natürlich eine komplett andere Airline ist.

 

 

Aber auch bezüglich dem Essverhalten der Passagiere liessen sich Unterschiede zu Europa feststellen!

 

Blog-Ausschnitt:
Bei uns nehmen die Leute gerne mal eine kleine Ration Chips oder Nüsschen in den Flieger, für den Hunger zwischendurch. Tja, bei den Amis läuft das ganz anders. Da wird geklotzt und nicht gekleckert: Jeder schleppt eine gigantische Tüte voll Fastfood-Proviant mit, komplett mit überdimensioniertem 2-Liter Cola-Becher, ohne den hier sowieso niemand vor die Tür tritt. Kaum hat man sich dann hingesetzt, beginnt das grosse Rascheln und Mampfen, während sich ein wunderbarer Duft in der Kabine breit zu machen beginnt.

 

 

 

In Houston auf den Greyhound gehüpft, und weiter ging’s.

 

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Ich musste im Schlaf eine Sprachgrenze überschritten haben, denn der Bus stand im Terminal und in grossen Lettern prangte Bienvenidos a San Antonio an der Wand. Immerhin besser als die deutschen Ortsbezeichnungen, die in der Gegend so rumgeistern. New Braunfels, Gruene oder Schertz sind nur einige der namenstechnischen Schandtaten, die darauf schliessen lassen, dass es die Stadtväter an der Gründungsversammlung mit dem aus der Heimat mitgebrachten Bier wohl etwas übertrieben haben müssen.

 

 

 

Ganz anders San Antonio – dieses begeisterte gleich mehrfach!

Ausserhalb der Stadt stehen diverse spanische Missionskirchen – zwei liegen sogar innerhalb der Reichweite des Stadtbusses. Perfekt!

Hier die Mission San José, erbaut 1720.

 

 

Aber auch in der Stadt drin fühlt man sich wohl – dafür sorgt unter anderem der Riverwalk: Ein schmales Flüsschen, welches sich umrahmt von lieblichen Brücken und viel Grünzeug durch die Häuserschluchten schlängelt und unzähligen heimeligen Kneipen und Restaurants Platz bietet.

 

 

Eine Kathedrale hat San Antonio gleich auch noch zu bieten!

 

 

Hauptattraktion ist aber die Mission Alamo, nach der in der Stadt so etwa alles benannt ist

 

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Hier heisst nämlich alles Alamo. Alamo-Strasse, Alamo-Garage, Alamo-Supermarkt, Alamo-Waschmaschinenentkalkungsspezialist. Was hat es damit auf sich? Nun ja, San Antonios überragende Attraktion ist eine kleine spanische Kirche, die Mission Alamo, welche im texanischen Unabhängigkeitskrieg 1836 Eingang in die Geschichtsbücher fand. Der gewiefte mexikanische General Santa Anna belagerte die Mission erst 13 Tage, stellte dann das Feuer für die Nacht ein, wartete, bis sich die Texaner in der Kirche eine Kappe Schlaf gönnten und metzelte sie dann ohne Gegenwehr binnen einer Stunde nieder. Stillos, aber äusserst effektiv.

 

Heute ist die Ruine von Alamo das nationale, zumindest aber staationale (oder wie auch immer das heisst, wenn jeder Texaner beim Hören dieses Wortes feuchte Augen bekommt) Symbol für Freiheit und Widerstand und zieht jährlich mehrere Millionen Touristen an.

 

 

 

 

 

 

27. Juli: San Antonio - Alpine (620km)

 

 

Heute ging ich fremd. Mit Amtrak. Das ist allerdings nicht die Tochter tschechischer Einwanderer, sondern die nationale Eisenbahngesellschaft.

 

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Ja, die Eisenbahn gibt's ja auch noch - auch wenn sie nicht viel vorzuweisen hat, um sich ins Gedächtnis einzubrennen. Das beginnt schon damit, dass es in diesem riesigen Land überhaupt nur ein halbes Dutzend Langstrecken-Routen gibt. Dann fahren die Züge auch nicht im Stundentakt, sondern wenn's hoch kommt einmal täglich. Und schliesslich sind sie oft hoffnungslos verspätet, denn die Strecken sind meist eingleisig, die Trassen gehören den Güterzug-Unternehmen und die gewähren natürlich ihren eigenen Kompositionen den Vortritt. Trotzdem versuchte ich es heute mal - vor allem, weil der Zug durchs texanische Hochland tuckert, welches wohl noch nie einen Bus gesehen hat. 620 Kilometer bis Alpine, Texas - gute sieben Stunden Fahrt.

 

 

Immerhin tragen die lethargischen Fernverkehrszüge schöne Bezeichnungen. Meiner hörte auf Sunset Limited und verband New Orleans mit Kalifornien. Doch auch der romantischste Name half nicht beim Aufstehen, weil dieser depperte Zug natürlich wieder auf die unchristlichste Zeit überhaupt, 05:40, angesetzt war.

 

 

 

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Schnell fand ich den richtigen der silbernen Doppelstock-Waggons und purzelte in der Dunkelheit über ausgestreckte Extremitäten und am Boden liegende Kinder zu meinem Platz. Wenig später ging es mit grossem Getröte und Getöse los. Die Lok musste bei jedem der zahlreichen Bahnübergänge kräftig hupen, was die Anwohner morgens um 6 sicherlich sehr freute und wohl mehr Herzinfarkte verursachen dürfte, als es Zusammenstösse verhindert. Aber Hauptsache schrill, laut und übervorsichtig – so sind sie halt, die Amis.

 

 

 

 

Es ging durch die trockene und karge Chihuahua-Wüste in der Nähe der mexikanischen Grenze

 

 

Sicherlich, die Landschaft war etwas eintönig, aber in ihrer speziellen Art eben irgendwie doch charmant. Dennoch war ich nicht unglücklich, als wir uns meinem Tagesziel näherten.

 

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Nach sieben Stunden Fahrt durchs Niemandsland kam der Koloss punktgenau vor dem winzig kleinen Bahnhöfchen von Alpine zum Stehen und spuckte mich sowie wenige weitere Reisende aus. Hui wirkte der Zug monströs, wie er das lokale Bahnhofsgebäude mit Leichtigkeit in Länge und Höhe überragte! Die nicht minder imposante Lok zischte, fauchte und brummte einem wütenden Drachen gleich furchteinflössend vor sich hin. Abermals ertönte das Horn derart laut, dass auch der hinterletzte dösende Cowboy im Tal von seinem Gaul fliegen musste, der Tross nahm Fahrt auf und liess mich zurück. Hier war ich nun also, gestrandet mitten im texanischen Nirgendwo. Was hatte ich mir dabei nochmals genau gedacht?

 

 

 

Hinter der kleinen Uni entdeckte ich einen niedlichen Hügel, welchen ich natürlich sofort erkraxeln musste. Oben bot sich ein schöner Blick über weitläufige Landschaften.

 

 

Doch ganz vorbei war’s in punkto Eisenbahn noch nicht:

 

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So zog ich mich in meine Unterkunft zurück und genoss die Motel-Atmosphäre, indem ich das stilechte Abendessen (Mexican Salad von McDonalds) idyllisch vor meinem Zimmer vertilgte. Just zur Schlafenszeit donnerte dann draussen ein Frachtzug nach dem anderen durch. Und Bahnübergänge hatte es nicht wenige - welch herrliche Horn-Symphonie!

 

Wer sich anhören möchte, die das klang: [url]http://www.youtube.com/watch?v=Q-JuKalYJVw[/url]

 

 

 

 

28. Juli: Alpine - Presidio - Odessa (570km)

 

 

 

Morgensport: Kurz auf den zweiten Hügel des Dörfchens rauf

 

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Die Suche nach einem Wanderweg (eine Strasse wäre natürlich auch noch vorhanden gewesen, aber da sträubte sich der Schweizer in mir) führte mich durch das komplette Wohnquartier, sehr zum laut bekundeten Unmut der vierbeinigen Einwohnerschaft. Die Suche blieb erfolglos und so kraxelte ich halt direttissima über Stock und St...äh, Palmen und Kakteen den vermaledeiten Hügel hoch, stets hoffend, dass sich meine Begegnung mit der lokalen Fauna nicht auch noch auf Schlangen und ähnlich unpraktische Viecher erstrecken würde. Ich kam ungebissen oben an, genoss die nette Aussicht und realisierte beim Blick auf meine Unterkunft dann auch, dass diese elenden Güterzüge ja tatsächlich in weniger als 20 Meter Entfernung hinter meinem Zimmer durch ratterten.

 

 

 

Dann war die Zeit für die Rückreise nach Norden in die Zivilisation gekommen.

 

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Doch bevor der Bus dorthin aufbricht, sammelt er auf einer vierstündigen Extrarunde nach Süden erst noch Gastarbeiter an der mexikanischen Grenze ein. Normale Fahrgäste würden natürlich erst zusteigen, wenn der Bus am Ende seiner Schleife wieder in Alpine vorbeischaut. Nicht so Greyhoundfanatiker wie ich: Dank meinem Bus-Pass war dieser zusätzliche Bus-Spass nämlich gratis - wieso also nicht noch etwas in der Steppe rumsauen, wenn Alpine schon nichts mehr zu bieten hat? Zudem interessierte mich die Endstation namens Presidio, ein kleines Örtchen am Ende der Welt und an der Grenze zu Mexiko.

 

 

Ich hatte natürlich bereits aus dem Internet gewusst, dass Presidio kaum je einen Schönheitspreis gewinnen würde, aber ich musste es ja unbedingt wieder selber sehen. Kurz zusammengefasst: Es war düster, heruntergekommen und dreckig. Die wenigen Häuser kurz davor, vor der Schwerkraft zu kapitulieren, dazwischen grosse brache Flächen, geschmückt mit Abfallbergen und vor sich hin gammelnden Autowracks.

 

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Da war die Frage nicht ob, sondern nur welche Gefahr hinter der nächsten Bruchbude lauern würde: Ein verzweifelter Desperdado, ein Rudel tollwütiger Hunde oder gleich die mexikanische Drogenmafia. So siegte die Vernunft, ich liess meinen geplanten Blick über die Grenze sausen und trottete nur etwas um die Busstation herum.

 

 

 

Zeit für die Rückfahrt.

 

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Wenn schon Presidio ein Reinfall war, wollte ich wenigstens noch ein paar Bilder einsamer Strassen schiessen. Der Busfahrer verstand schon beim Zusteigen in Alpine trotz mehrmaliger begeisterter Erklärung natürlich überhaupt nicht, was mich auf die weltfremde Idee brachte, freiwillig vier unnötige Stunden und überflüssige 200 Kilometer mit ihm rumzugondeln. Als ich nun auch noch die Kamera zückte und begann, die Strasse zu fotografieren, erklärte er mich wohl definitiv für übergeschnappt und gab mir das auch bei jedem weiteren Blickkontakt zu verstehen - oder er ist professioneller Augenroller und bereitet sich auf die Meisterschaft vor.

 

 

Anyway, das Resultat gefiel mir!

 

 

 

 

29. Juli: Odessa - El Paso (500km)

 

 

Die heutige Fahrt quer durch West-Texas hätte eigentlich eine entspannte Angelegenheit werden können. Aber da hatte Jimmel etwas dagegen.

 

Blog-Ausschnitt:
Jimmel war allerdings weder ein Ex-Knacki, noch ein Massenmörder, noch sonst einer der üblichen hinten sitzenden Verdächtigen. Nein. Jimmel war einen Meter gross, zwei Jahre alt, übermässig aktiv und verdammt nochmal einfach unglaublich laut. Und er sass natürlich direkt neben mir. Das heisst, eigentlich auf dem Schoss seiner Mutter. Faktisch dann aber zwischen uns beiden, mit dem meisten Platz von uns allen - und ich, nett wie ich bin, hockte mal wieder auf der Armlehne. Tu' ich ja gerne, um Kinderaugen strahlen zu sehen. Nur geht selbst das bei Jimmel natürlich nicht unter 80 Dezibel.

 

Das war auch noch lange nicht alles. Während Mutti schlief, flog ihr Frühstück (zwölf Chicken Wings und zwei geöffnete BBQ-Saucen-Päckli von einem kurz zuvor absolvierten Überfall auf einen McDonalds) munter in Einzelteilen durch den Bus, sorgte für rote Köpfe und einige rot befleckte Kleider.

Als Jimmel schliesslich die geflügelte Munition ausgegangen war, entdeckte er mich als Klettergerüst und hatte seine helle Freude an der Turnerei. Wenn er turnte, war er wenigstens vergleichsweise still, und so liess ich ihn gewähren. Das bot aber auch nur vorübergehende Ablenkung von Jimmels absoluter Lieblingsbeschäftigung: Minutenlang in solch ohrenbetäubender Lautstärke durch den Bus zu plärren und trompeten, dass sie sich selbst in der vordersten Reihe noch verzweifelt die Kissen vor die Ohren hielten.

 

 

Müsterchen gefällig?

[url]http://www.youtube.com/watch?v=db3-ecLvuIM[/url]

 

Doch das war in punkto Bus-Begegnungen noch nicht alles:

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Blog-Ausschnitt:
Nach drei Stunden Daueraktivität war er endlich erschöpft genug, mal eine Pause einzulegen und sich im Reich der Träume neue Attacken auszudenken - natürlich nicht, ohne seinen Kopf wahlweise in meinen Oberarm oder meine Magengegend zu bohren. Aber die Hölle würde ich tun, Vulkan Jimmel wieder aufzuwecken.

 

Schliesslich meldete sich Mutti - 22, ebenso viele Stunden schon im Bus unterwegs und dementsprechend erschöpft - zu Wort und meinte, er sei halt sehr aktiv. Aha. Das wäre mir nicht aufgefallen. Bald waren wir dann aber bei ihrer Lebensgeschichte angelangt - eine von der eindrücklichen und bewegenden Sorte, wie sie für die Greyhounds typisch ist: Von der traurigen Kindheit in diversen Heimen, der düsteren Vergangenheit des gewalttätigen Ex-Mannes und der grimmigen Gegenwart der Perspektivenlosigkeit. Die Busfahrt als letzter Ausweg aus dem alten und zugleich als Start des neuen, hoffentlich besseren Lebens.

 

 

 

Gerädert traf ich schliesslich in El Paso ein, der Grenztstadt zu Mexiko. Eine Schweizer Seilbahn brachte mich auf den Hausberg, von wo sich eine tolle Rundumsicht über die Metropole bot:

 

 

Einmal über den Rio Grande hüpfen, und schon ist man in Mexiko!

 

 

 

 

30. Juli: El Paso - Albuquerque (450km)

 

 

 

Diese Route lässt Greyhound von einem mexikanischen Bus-Unternehmen befahren. Doch auch sonst war für Unterhaltung gesorgt.

Blog-Ausschnitt:
Endlich verliessen wir El Paso, und während sich über die Bordlautsprecher unzählige mexikanischen Volksmusiker in übermässiger Lautstärke ihren Liebeskummer von der Seele jaulten, wurde die Landschaft draussen rasch immer karger. Das war *die* Einladung, etwas Schlaf nachzuholen, welcher ich sehr gerne folgte.

 

"Ä-me-si-sen!!" schrie plötzlich jemand in mein Ohr, während er meine Schulter mit festem Griff die Richter-Skala hochtrieb. Da hatte sich doch tatsächlich so eine typisch amerikanische Bulldogge in Uniform vor mir aufgebaut und glotzte mir nun aus ihrem feissen Gesicht skeptisch entgegen. Was hab' ich denn nun schon wieder verbrochen? Keine 15 Prozent Trinkgeld abgedrückt?

Der Mann war allerdings von der Grenzpolizei und wollte wissen, ob ich American Citizen bin, oder nicht doch ein fremder Fötzel. Solche Kontrollen kommen hier im Grenzgebiet wohl des Öfteren vor – eines der zahlreichen Mittel, mit welchen man der Einwanderungswelle aus Mexiko Herr zu werden versucht. Ich zeigte meinen roten Pass, die Bulldogge zog weiter und ich konnte meine Schulter wieder einrenken.

 

 

 

Mit 150 Minuten Verspätung trudelte der Bus schliesslich in Albuquerque ein. Touristenziel hier: Die Altstadt mit ihren typischen Lehmhäusern. Die ertrinken zwar beinahe in tausenden Tonnen Indianerkitsch, der an jeder Ecke feilgeboten wird, aber waren trotzdem ganz nett.

 

Ich wurde zwar bis zum Schluss das Gefühl nicht los, die Häuser seien mehr Show als tatsächlich so gebaut, aber sie wirkten gerade bei Dunkelheit durchaus stimmungsvoll.

 

 

 

 

31. Juli: Albuquerque - Denver (600km)

 

 

Heute musste ich mal wieder fliegen, weil ich es sonst nicht mehr an mein Konzert von Lady Antebellum und Tim McGraw in Denver geschafft hätte. Leider bot der Frontier-Flug nicht die erhoffte Aussicht auf die Rocky Mountains, aber auch so gab’s nette Sujets: Eintönige Vorstädte und repetitive Ackerlandschaften ;)

 

Touchdown mit Blick weg von den Rockies – topfeben!

 

 

 

1. August: Colorado Springs: Garden of the Gods

 

 

So, nun geht’s definitiv mit den Landschaftsbildern los! Und für so eine Wanderung ist gute Vorbereitung natürlich alles.

Blog-Ausschnitt:
Beim Tankstellenshop deckte ich mich sehr zur Freude des Inders an der Kasse mit Proviant für eine ausgedehnte Amazonasexpedition ein. Aber hey, es ging immerhin in die Rocky Mountains!

 

Aus diesem Grund schlüpfte ich denn auch bei 30 Grad in meine langen Jeans. Offenbar soll das helfen, nicht als Festmahl der Klapperschlangen zu enden. Wenn Snakey dennoch Lust zum zubeissen hat, schaut man natürlich trotz Jeans in die Röhre - oder von unten in die Wurzeln.

 

 

Es ging zum Garden oft the Gods nahe dem Städtchen Colorado Springs. Der Göttergarten ist eine atemberaubende Ansammlung überdimensionierter roter Steinklumpen, welche mitten im Wald verstreut liegen, stehen und balancieren. So etwa wie wenn Ayers Rock nach einem heftigen Schlag mit einem Riesenhammer in zehntausend Teile zerborsten und auf die dicht bewaldete Landschaft niedergeprasselt wäre.

 

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Kurzer Besuch im Visitor's Center. Die dauergrinsende Rangerin in neckisch-olivgrüner Uniform und Cowboyhut (wofür auch immer sie den an der Kasse des Souvenir-Shops braucht, aber es sah allemal chic aus!) wusste zwar auf meine Frage nach den Klapperschlangen keine Antwort. Dafür ratterte sie Warnungen vor weiteren zwei Dutzend gefährlichen Tierarten runter, deren Existenz mir komplett neu war. Wo bitte kann ich ne Flinte mieten? Wieso wollen die mich hier alle fressen? Und warum gibt es bei den Raubtieren keinen Sonntagsfahrplan?

 

 

 

 

Mit etwas Fantasie und einer klitzekleinen Prise Sprengstoff wird auch die Kissing Camels-Formation ihrem Namen gerecht

 

 

Eine weitere Attraktion ist Balanced Rock, der gefährlich nahe der Parkstrasse auf bedrohlich wenig Sockel steht

 

 

 

 

2. August: Colorado Springs: Pikes Peak

 

 

 

Heute ging’s in die Höhe – und wie! Ganze 4‘300 Meter misst der Berg Pikes Peak, und –man würde es in den USA kaum glauben – da fährt tatsächlich eine Eisenbahn hoch. Die perfekte Gelegenheit, den Schweizer Nationalfeiertag nachzuholen – zumal die Waggons schön rot bemalt sind und aus Winterthur stammen.

 

Es geht nach oben!

 

Blog-Ausschnitt:
Erst führte die Trasse noch durch den dichten Wald, aber nach gut zwei Dritteln der Strecke nahm die Dichte des Grüns endlich ab, wir passierten die Baumgrenze, und wurden von der traumhaften Aussicht hinunter in die Ebene begrüsst. Die letzte Viertelstunde war ein Schaulafen über eine Steinwüste, links die tolle Aussicht, rechts die mit unserem Zug um die Wette rennenden Murmeltiere.

 

 

 

Angekommen auf dem Gipfel, wenige Meter unter der Wolkendecke.

 

Blog-Ausschnitt:
Hier, auf Augenhöhe mit den Wolken, packten sich die Amis dicht in ihre Skijacken ein, um sich todesmutig nach draussen ins harsche, kalte Bergklima zu begeben. Die staunten nicht schlecht, als ich noch immer in Shorts und T-Shirt umherwandelte und ihnen auch noch erzählte, dass die Temperaturen hier für Schweizer sommerlich warm seien. Okay, am nachgeholten Nationalfeiertag darf man ja mal etwas dick auftragen - aber es war wirklich 10 Grad plus und mit der Sonne ziemlich angenehm.

 

 

 

Schweizer Präzision auf FL140!

 

Nach 45 Minuten auf dem Gipfel geht’s wieder talwärts

 

Unten angekommen, hatte ich noch sechs Stunden, bis mein Greyhound von Colorado Springs zurück nach Denver fahren würde. Genau für ein solches Loch hatte ich mir während der Planung noch „Cripple Creek“ in meinen Reiseplan gekritzelt.

 

Blog-Ausschnitt:
Der Krüppelbach ist eine ehemalige Goldminenstadt, die heute Heimat dutzender Kasinos ist. Um den Fluss an spendabler Kundschaft aufrecht zu erhalten, sponsern die Glücksspieltempel gemeinsam einen stündlichen Busservice aus Colorado Springs. Eine schöne Strecke durch die imposante Berglandschaft, ein hübsches Dörfchen als Ziel, und das alles auf Kosten der Kasinos. Konnte ich mir ja nicht entgehen lassen!

 

 

Na gut, die Fahrt war jetzt nichts, was die Schweizer Voralpen nicht auch böten, und Cripple Creek…hach ja, die Hauptstrasse war ganz chic.

 

 

 

 

3. August: Denver

 

 

Zurück in Denver, ging’s auf einen kurzen Stadtrundgang: Ich steuerte direkt die Hauptattraktion an, das wuchtige Kapitol.

 

Blog-Ausschnitt:
Das Objekt meiner Begierde strahlte mir mit seiner goldenen Kuppel schon von weither entgegen. Ein Kapitol wie es im Buche steht, wuchtig, gross und imposant auf einem Hügel thronend. Drei verschiedene Treppenstufen markieren die Höhe von genau einer Meile über Meer (die Messresultate waren halt im Laufe der Jahrzehnte etwas unterschiedlich), was auch Denvers Spitznamen „Mile High City“ erklärt.

 

 

 

 

Mal wieder dürstete mir nach einem Skyline-Shot. Dafür bot sich der Park hinter dem Naturkundemuseum an, auch wenn die Baumreihe hinter dem See dann doch etwas zu hoch war.

 

 

 

 

4. August: Bärenstarkes Mountain Biking in Winter Park

 

 

Ich hatte noch einen Tag in Denver zu verbringen, und nach langer Recherche fand ich endlich etwas lohnenswertes: Greyhound schickt täglich einen Bus rauf in die Rockies, und dank meines Bus-Passes konnte ich auch da gratis mit. Am Weg liegt der Skiort Winter Park, der im Sommer zu einem grossen Mountainbike-Mekka mutiert. Und in den USA geht der Sport so: Man lässt sich und das Fahrrad vom Sessellift hochtragen und stürzt sich danach ausgeruht auf über 150 Kilometern an Trampelpfaden in die Tiefe. Keine Anstrengung involviert, Berge, Natur, Fahrrad: Tönt genau nach meinem Sport, und den Spass musste ich unbedingt mitmachen.

 

Doch schon die Busfahrt war ziemlich schön – der Windhund wand sich fauchend über den immerhin 3‘446 Meter hohen Berthoud Pass (hallo Jungfraujoch!), und danach taten sich tolle Landschaften auf:

 

 

Auch das Mountain Biking war absolut toll, und ich dachte schon, ich hätte meine Traumsportart gefunden. Da bog ich um eine Kurve, sah „Es“, griff sofort nach allem, was entfernt nach einer Bremse aussah und kam nach einigem Schlittern zum stehen. „Es“ stand jetzt noch 15 Meter vor mir, war ein massiver, pelzig-schwarzer Farbklecks in der grünen Landschaft und starrte mich grimmig an. Ach du Schande, vor mir stand Meister Petz höchstpersönlich.

 

Blog-Ausschnitt:
War das nun die Art, vor der man wegrennen sollte, oder die, bei der man stehenbleiben, schreien und mit den Armen wedeln muss? Meine Intuition schien die Antwort zu wissen, denn ehe ich mich versah, machte ich mitsamt Drahtesel kehrt und sprinte den Fahrradpfad hoch. Ich wagte es kaum, nach hinten zu blicken, doch der Bär hatte glücklicherweise keinen Appetit auf Schweizer Fleisch (obwohl alles andere ja nur Beilage sein soll). Ich floh auf eine nahe Forststrasse, auf der ich in gebührendem Abstand und mit grosser Geschwindigkeit passieren konnte. Dass ich plötzlich auf einem schwarz markierten Profi-Pfad landete, nahm ich auch kaum mehr zur Kenntnis - wahrscheinlich hatte ich das Teil in einer neuen Bestzeit absolviert.

 

So endete ich also nicht als das dritte US-Bärenopfer im Jahr 2010, war mir aber durchaus bewusst, dass das Ganze auch hätte anders ausgehen können.

 

 

 

 

Unten angekommen, machte ich es mir im Restaurant an der Parsenn Road (wie fürchterlich!) gemütlich. Das Fleisch in Form eines monströsen Burgers vor mir auf dem Teller, so gefiel mir die Situation schon bedeutend besser. Währenddessen führte ich mir die beeindruckende Liste tödlicher Bärenattacken zu Gemüte - die bot einigen netten Stoff für Gutenachtgeschichten: Leute, die mitsamt Schlafsäcken aus ihren Zelten gezerrt werden; Kinder, die beim Blumen pflücken vor der Haustüre vertilgt werden; oder der arme Mann aus New Mexico, bei dem Meister Petz direkt in die Wohnung einbrach.

 

Blog-Ausschnitt:
Der Weg zurück ins Dorf verlief ereignislos - bis auf den Fakt, dass sich mittlerweile ein heftiger Gewitterregen im Tal eingenistet hatte. Die 15-minütige Dusche wäre jetzt nicht wirklich nötig gewesen, zumal ich keine Ersatzkleider dabei hatte. Klitschnass platschte ich im McDonalds an einen Tisch und erhielt mich während der verbleibenden zwei Stunden bis zur Abfahrt meines Greyhounds mit literweise warmem Tee am Leben.

 

Nass und frierend in einem kleinen Nest auf den einzigen Bus des Tages zu warten, der in der Gegenrichtung ausgebucht war, ist auch nicht wirklich der Stoff, aus dem die Träume sind. Glücklicherweise war er fast leer und so gelangte ich endlich zurück in die sichere Zivilisation.

 

 

 

 

 

5. August: Denver - Grand Junction (430km)

 

 

Ich verabschiedete mich endgültig von Denver, und wieder ging es in Richtung Rockies – allerdings mal wieder per Zug. Der wurde seinem Ruf mehr als gerecht und fuhr mit einer läppischen Verspätung von *trommelwirbel* 6 Stunden!

 

Es dauerte dann auch noch eine geschlagene Stunde, bis wir nur aus dem Stadtgebiet von Denver raus waren und langsam die Rockies erklommen. Tja, wieder ein paar Kohlezüge auf der Strecke halt.

 

 

Danach jedoch führte die Route durch unzählige, ziemlich imposante Schluchten. Besonders schön: Der Red Canyon

 

 

Leider schon im allerletzten Licht des Tages durchquerten wir dann die grösste Schlucht der Route, den 50 Kilometer langen Glenwood Canyon.

 

 

 

 

6. August: Grand Junction - Durango (420km)

 

 

Den Morgen in Grand Junction vertrieb ich mir am schön gelegenen Provinzairport. Danach ging’s abermals auf den Greyhound. Ich erwartete keine allzu spannende Strecke, und die ersten zwei Stunden waren wie erwartet: Karg und trocken. Doch ich musste mein Urteil bald revidieren:

 

Blog-Ausschnitt:
Irgendwann ging die staubige Einöde in saftig grünes Weideland über und wir schraubten uns immer höher nach oben. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Während erst noch die sanften Hügel die landschaftliche Hauptattraktion darstellten und mir dementsprechend jetzt auf hunderten Bildern entgegen lächeln, wurden sie kurz später durch veritable Berge abgelöst, an denen der Sucher nun definitiv nicht mehr vorbeikam und welche meinem armen Knips-Finger drei Stunden Hochleistungssport abverlangten.

 

Plötzlich wechselten die schroffen Felswände, die neben der Strasse zum Greifen nahe waren, auch noch ihre Farbe und erstrahlten fortan in einem intensiven Rot. Hier wartet schon hinter jeder Kurve eine Überraschung!

 

 

 

Die Strecke wurde nur noch schöner!

 

Blog-Ausschnitt:
Es folgte ein kurzer Zwischenhalt im Wintersport-Nest Telluride, das neben dem höchsten linienmässig angeflogenen Flughafen der Staaten (9000ft/2767m) meines Erachtens auch die Greyhound-Station mit dem besten Ausblick im ganzen Land beheimatet.

 

Das Bergpanorama läutete den letzten Teil der Etappe ein, die verbleibenden zwei Stunden nach Durango. Dabei mühte sich der Bus einen weiteren Pass hoch - Lizard Head hiess der und lag immerhin auf beachtlichen 3'115 Metern. Da war das Jungfraujoch schon fast wieder in Griffweite, doch hier gondelte man ohne besondere Aufregung auf einem breiten Asphaltband durch wunderschönste, satte Berglandschaften, komplett mit farbigen Blumen und immerhin zweifarbigen Kühen am Strassenrand. Der allseits verhasste Greyhound war längst zum charmanten Bündner Postauto mutiert.

 

 

 

 

 

7. August: Durango & Silverton

 

 

Der Grund für den Abstecher nach Durango: D&SNGR. Das ist keine mathematische Formel, sondern steht ausgeenglischt für die Durango & Silverton Narrow Gauge Railroad, eine Schmalspurbahn. Diese ist ein Überbleibsel aus der Zeit der Gold- und Silberminen, als die kostbare Fracht per Zug ins Tal gebracht wurde. Die Minen sind längst stillgelegt, die Strecke von Durango hoch nach Silverton lebt dafür als beliebte Touristenattraktion weiter.

 

So sieht das Bähnlein aus

 

Irgendwie war mir die Sache nach dem Mountain Bike-Abenteuer wohl etwas zu wenig actionreich:

 

Blog-Ausschnitt:
Der Zug stand schon bereit und das rabenschwarze, 85-jährige Dampfross katapultierte mit ohrenbetäubendem Pfeifen und Tröten jeden einzelnen der 13'922 Einwohner Durangos aus den Federn, der den Fehler begangen hatte, Samstag früh um acht Uhr noch im Bett zu liegen.

 

Alles einsteigen und los ging die Fahrt. Äh ja, die F-a-h-r-t. Hallo, ich habe gesagt Faahaahrt! Hach ja. Von der Bewegung mit 8km/h auf den ersten paar hundert Metern merkte man wirklich nur etwas, wenn man für eine Minute die Augen schloss und beim Öffnen wenigstens einen Baum weiter war. Danach wurde immerhin auf 25km/h beschleunigt, die Endgeschwindigkeit. 72 Kilometer misst die Strecke pro Weg. Man rechne und habe Mitleid...

 

 

 

Die Strecke war über weite Teile nichts, was man in der Schweiz nicht auch erleben könnte – dafür kam ich in vollen Genuss der Special Effects:

 

Blog-Ausschnitt:
Na gut, viel zur suboptimalen Laune trug das Wetter bei. Bei dicht bedecktem Himmel wirkten halt selbst die Rockies nicht so wahnsinnig. Und dann war da noch der Kohlestaub von unserer hart arbeitenden Lok, dem wir in unserem unverglasten Sightseeingwagen gnadenlos ausgeliefert waren. Schon nach den ersten fünf Minuten hatte sich ein halbes Bergwerk auf meinen frisch gewaschenen, schönen hellen Hosen angesammelt, und selbst eine (nun schwarz gefärbte) Dusche später finde ich noch immer Kohlekrümel in meinen Haaren.

 

 

 

Der vergleichsweise kurze Höhepunkt, wegen welchem ich die Fahrt überhaupt ins Auge fasste: Die drei Minuten auf der „Highline“, einer in den Fels gehauenen Trasse nur Zentimeter neben dem Abgrund.

 

 

Nach vier Stunden Fahrt wurde man im kitschigen Wildwest-Dörfchen Silverton ausgeladen, welches man nun zwei Stunden lang inspizieren durfte. Bei meiner Laune hatte es das Nest nicht leicht…

 

Blog-Ausschnitt:
An der Hauptstrasse finden sich viele authentische Originalbauten aus der Zeit um 1880, als hier so richtig was los war. Die Main Street ist denn auch durchaus sehenswert, und wären nicht vor jeder schön bemalten Holzbude fünf moderne Autos geparkt, würde man sich schon ab und zu nach Lucky Luke und den Daltons umschauen. Damit hat sich's dann aber auch. Mit meinem Marschtempo, erlernt um Metropolen wie Chicago in einem einzigen Tag zu erledigen, war ich hier definitiv falsch und nach zehn Minuten das erste Mal durch. Ich habe ja dezidiert was gegen Schlenderer, aber selbst als ich über meinen Schatten sprang und meinen Gang wirklich bis kurz vor den Stillstand drosselte, folgten noch ganze sechs weitere Runden, bis mich der Pfiff zum Einsteigen für die Rückfahrt zwei Stunden später endlich erlöste. Immerhin schaute die Sonne immer mal wieder kurz vorbei, sonst wäre ich wohl noch festgefroren.

 

 

 

 

Fazit am Ende des Tages:

 

Blog-Ausschnitt:
Die Sonne blieb uns glücklicherweise für den Rückweg erhalten, intervallweise zumindest. Da war nun auch die Fahrt am Fluss entlang ganz nett, ja ab und an sogar richtig schön. Und dank Dan Brown-Hörbuch im Ohr ging die Reise auch einigermassen schnell vorüber. Acht Stunden Geratter, Gepfeife, Getröte und Kohleregen – ich hab’s überlebt!

 

 

 

 

 

8. August: Durango - St. George (1100km)

 

 

 

Der Shock kam spat am vorhergehenden Abend: Der Shuttle, der mich heute nach Moab in den Arches Nationalpark (bekannt aus Dani’s Berichten) bringen sollte, hatte klammheimlich den Betrieb eingestellt. Damit kam mir nicht nur eine der am meisten herbeigesehnten Destinationen abhanden, sondern auch das gesamte Programm wurde auf den Kopf gestellt. Die Fahrt von Durango zurück nach Grand Junction verbrachte ich also planender weise.

 

Blog-Ausschnitt:
Die Strecke zwischen Durango und Grand Junction kannte ich ja bereits und konnte mich daher voll und ganz der Reiseplanung widmen. So baute ich mir auf meinem Zweiersitz mein mobiles Reisebüro mit Guidebook, Karten, Zeitplan, Buchungsbestätigungen und iPhone auf und haute, so es die zahlreichen Funklöcher denn erlaubten, kräftig in die Tasten - oder auch mal mit der Faust gegen den Vordersitz, wenn sich schon wieder ein schöner Plan wegen einer Kleinigkeit (Stichwort Sonntags-Fahrpläne) in Luft auflöste. Nachdem ich nun also 50 Tage lang brav mein sauber zuhause elaboriertes Programm abgegondelt war, hatte ich heute das erste Mal keine Ahnung, wo ich die Nacht verbringen würde. Sonst ist das ja cool und integraler Teil einer solchen Reise. Aber nicht in den USA, wo man mindestens zwei Schreibtische und vier Bildschirme benötigt, um aus dem spärlichen ÖV-Angebot was Brauchbares zusammen zu konstruieren.

 

 

 

 

Doch damit nicht genug: Mein neuer Plan bedingte, dass ich an die absolvierten sechs Stunden nochmals einen Siebenstünder anhängen musste. Meine erste Fahrt durch die Nacht!

 

Blog-Ausschnitt:
Viel zu rasch brach über den schönen Gesteinsformationen am Strassenrand die Dunkelheit herein und meine erste wirkliche Nachtfahrt nahm ihren Lauf. Als ich das erste Mal wieder aufwachte, war's eigentlich noch ziemlich schön: Wir glitten durch die absolute Finsternis der Wüste (Strassenbeleuchtung gab's keine), dafür leuchtete am Himmel ein Meer von Sternen.

 

Irgendwann hat sich aber auch die Romantik erschöpft, der Sternenhimmel wird langweilig, die Arme schlafen ein, der Hintern schmerzt, die Nase beginnt sich zu rümpfen, die monoton aus den monströsen Kopfhörern des streng riechenden Sitznachbarn dröhnende Technomusik nervt, und die Minuten ziehen nur schwerlich dahin.

 

 

Erst um Mitternacht wird die lange ersehnte Nachtessens-Rast eingelegt. Dummerweise ist der angesteuerte Fast Food-Schuppen schon dicht, nur ein winziger Supermarkt hat noch geöffnet. So fiel der Znacht etwas karg aus:

 

Blog-Ausschnitt:
Trocken-Steak, Würstchen mit Limettemaroma und Mozzarella-Sticks. Das Fleisch-Zeugs schmeckte natürlich so grässlich, wie es sich liest - nur auf den Nicht-Geschmack des Mozzarellas war Verlass, da konnten selbst die Amis nicht mehr viel verhauen.

 

 

 

Um 02.30 traf ich schliesslich in St. George ein, wo ich die Nacht verbrachte.

 

 

 

 

9. August: St. George - Las Vegas (195km)

 

 

Der Aufenthalt in St. George war nur kurz – schon am nächsten Morgen ging’s weiter, direkt ins Glücksspiel-Mekka Las Vegas. Doch schon die Fahrt durch die „Wüste“ wusste zu gefallen – erst überraschte mich ein Canyon, daraufhin die unwirkliche, heisse Steppenlandschaft.

 

 

Welch Kontrast bietet da Las Vegas!

In Erwartung des Sonnenuntergangs sprintete ich direkt zum Eiffelturm.

 

Blog-Ausschnitt:
Ja, richtig gehört: Die verrückten Veganer (oder wie auch immer Vegas' Einwohner genannt werden mögen) haben ein Duplikat von halber Höhe errichtet, welches zusammen mit einem Nachbau des Arc de Triomphe als Aushängeschild des Kasinos Paris Las Vegas fungiert. Das Innere des Kasinos zieren malerische Fresken französischer Dörfchen, die aber leider im Meer von Slot Machines sang- und klanglos untergehen.

 

 

 

Die Aussicht vom Eiffelturm war gigantisch!

 

Blog-Ausschnitt:
Etwa 20 Minuten nachdem sich die Sonne hinter die umliegenden Berge verabschiedet hatte, lief Vegas zur Höchstform auf: Der wolkenlose Himmel färbte sich rot, orange und gelb und die glitzernden Gebäude wetteiferten in allen vorstellbaren Farbtönen mit. Darum herum spannte sich ein dichtes Netz beleuchteter Strassen im Schachbrettmuster, abrupt kontrastiert vom tiefen Schwarz der Wüste. Fertig war eine wunderbare Bildkomposition, wie sie zuvor noch kaum eine Stadt geboten hatte!

 

Gerade als ich dachte, es ginge nicht mehr besser, fauchte es von der andern Strassenseite, vor dem Bellagio gingen die Fontänen an und 1'200 Hochdruck-Düsen tanzten zu den Klängen von Pavarotti und Co. Wow!

 

 

 

 

 

 

10. August: Weltreise, Vegas Style

 

 

In Vegas kommt man ganz schön rum, denn die eindrücklichen Spieltempel widmen sich Themen aus der ganzen Welt: New York zum Beispiel…

 

 

…oder Ägypten…

 

 

…oder das Venetian, mit prunkvoller Lobby und liebenswürdigem Markusplatz mitsamt Campanile in Originalgrösse

 

 

 

 

 

11. August: Viva Las Vegas

 

 

Natürlich weiss in Vegas auch der Airport zu begeistern, und so stattete ich diesem einen ersten Besuch ab. Danach ging’s auf den eigentlichen Aussichtsturm der Stadt, den 350 Meter hohen Stratosphere Tower. Der Blick auf den Strip war bei Weitem nicht so schön wie vom Eiffelturm, dafür wurde reichlich Action geboten!

 

 

Achja, einen Blick auf Suburbs und Wüste gab’s auch noch…

 

 

Und schon waren meine letzten Stunden in Vegas angebrochen…

 

Blog-Ausschnitt:
Nochmals kurz zum Bellagio fürs Wasserspiel, aber diesmal ohne Kamera. Nur geniessen. Wenn da die Fontänen tanzen und Elvis 'Viva las Vegas' zum Besten gibt, ist das wohl as Vegas as it gets.

 

Kurze Aufregung um zwei Uhr nachts: Ich schreibe gerade die letzten Zeilen, da geht der Feueralarm los. Wunderbar. Also Laptop, iPhone und Kamera gekrallt und runter an die Rezeption gesprintet (Pass und Brieftasche hätte ich nachträglich betrachtet offenbar verbrennen lassen – so viel zu meinen Prioritäten). Natürlich handelte es sich um einen Fehlalarm, hatte aber dennoch den Effekt, dass bis tief in die Nacht hundert hyperventilierende Japaner wie elektrisierte Ping-Pong-Bälle durch die Lobby sausten.

 

 

 

 

12. August: Las Vegas - Zion Nationalpark (260km)

 

 

Eine bilderlose Reiseetappe: Erst noch ein zweiter Besuch am Flughafen, dann ging’s zurück nach St. George und von dort weiter ins beschauliche Dörfchen Springdale, mitten im bekannten Zion Nationalpark.

 

 

 

13. August: Zion: Wandern am Abgrund

 

 

Auf die heute anstehende Wanderung hatte ich schon mehrere Monate gespannt geblickt: Angel's Landing. Mit gut 8 Kilometern ist das Abenteuer nicht allzu lang und die 400 Höhenmeter sind auch kaum der Rede wert. Speziell ist - neben dem Ausblick von oben natürlich, sonst wäre ich ja nicht hier - aber der letzte Kilometer: Auf einem schmalen Grat pirscht man sich zum Gipfel vor, während es links und rechts mehrere hundert Meter senkrecht in die Tiefe geht. Viele Wanderer machen an diesem Punkt Kehrt, denn die Geschichte ist nicht ganz ungefährlich.

 

Blog-Ausschnitt:
Ein perfektes Programm für Freitag den Dreizehnten, einquartiert in Zimmer 113 und ohne Wanderschuhe. Und dann war da noch die Sache mit der Tageszeit. Es wird empfohlen, den Aufstieg früh morgens zu absolvieren, da die Sonne später erbarmungslos niederbrennt und das Quecksilber an der 40-Grad-Marke kratzt - im Schatten wohlverstanden, nicht im aufgeheizten Fels des Canyons. Allerdings steht einem die Sonne am Morgen genau im schönsten Panorama drin, und für ein paar milchige Gegenlicht-Schnappschüsse tut sich der Meyer diese Kletterei nicht an. Ich musste den höllischen Engelsfelsen also wohl oder übel in der Mittagshitze erklimmen.

 

 

Im Bus-Shuttle zum Wanderpfad traf ich einen New Yorker, und wir beschlossen, die Wanderung gemeinsam zu bestreiten.

 

Blog-Ausschnitt:
Während den ersten paar Kilometern stieg der Weg mal mehr, mal weniger steil an, war aber im Grossen und Ganzen nicht speziell. Am Fuss des Felsens angelangt, ging es über dutzende im 10-Meter-Takt in den Berg gehauene Serpentinen in schweisstreibender Sisyphusarbeit steil bergauf. Der Stein hatte sich schon stark aufgewärmt und wir hatten das Gefühl, einen Backofen zu erklimmen.

 

Oben erreichten wir Scout's Lookout, von wo Dutzende Nicht-Schwindelfreie wehmütig ihren Wanderpartnern beim Erkraxeln der Zielgeraden zuschauten. Ja, es half alles nichts, nun standen auch wir vor dem berüchtigten Grat und blickten zu unserem Ziel hoch.

Mein New Yorker Kollege stürmte sicheren Schrittes voran und ich zottelte knipsend und keuchend hinterher. So schlimm war die Sache dann aber gar nicht. Ja, an einigen Orten war der Pfad wirklich kaum einen Meter breit, links und rechts wartete der dunkle Abgrund. Aber überall, wo rutschige Kletterpartien angesagt waren, hatten die sicherheitsbewussten Amis Tritte in den Fels gehauen und den Weg mit Ketten gesichert. Zu unserer Wanderzeit waren diese zwar schon saumässig heiss - aber gegenüber einem Absturz waren versengte Hände ein kleines Übel.

 

 

 

Aller Torturen zum Trotz standen wir nach 80 Minuten (veranschlagt waren drei Stunden) bereits auf dem Gipfel. Die Aussicht war natürlich so fantastisch wie erwartet und die Plackerei in der Mittagshitze hatte sich voll gelohnt: Das Licht war perfekt, um den imposanten, zerfurchten Canyon unter uns genau richtig auszuleuchten.

 

 

 

Blog-Ausschnitt:
Der New Yorker hatte mir inzwischen erzählt, dass er als Soldat in der Navy diente - na, da ging mir aber bezüglich unseres Tempos ein Licht auf! So liess ich ihn dann bereitwillig ziehen, als er zum Aufbruch drängte, und blieb alleine oben.

 

 

Der morgendliche Touristenstrom war schon längst wieder abgeebbt und ich genoss die absolute Stille, während ich ehrfürchtig auf die gewaltige Schlucht hinunterblickte, welche sich zu meinen Füssen ausbreitete.

Ganz alleine war ich allerdings trotzdem nicht. Vorwitzige Streifenhörnchen flitzten ohne jegliche Höhenangst auf dem Gipfel herum und knabberten an allem, was nicht klar als Stein erkennbar war. Mein Rucksackfach gefüllt mit Äpfeln hatte es ihnen besonders angetan, und dass sie nicht noch kopfüber hineinsprangen war auch gleich alles.

 

 

 

Nach ganzen drei Stunden oben war die schwere Zeit des Abschieds und Abstiegs gekommen.

 

Blog-Ausschnitt:
Letzterer war eine Angelegenheit für sich: Zum einen hatte ich meinen Navy-Führer nicht mehr, verlor gerne mal den markierten Pfad und fand mich näher am Abgrund wieder, als mir Lieb war. Zum anderen waren meine Strassenschuhe mit ihrem Grip am Ende und sorgten für abenteuerliche Schlitterpartien.

 

Fünf Stunden nach dem Aufbruch und um vier Liter Wasser leichter kam ich wieder unten an - heil und auf dem angedachten Pfad. Und nun sitze ich nach ausgiebiger eiskalter Dusche seit drei Stunden vor der Klimaanlage und frage mich, wann ich wohl zu glühen aufhöre.

 

 

 

 

 

 

14.August: Zion: Wandern im Fluss

 

 

Zum Frühstück vernaschte ich einen Aussichtspunkt unweit des Dorfes. In einer knappen halben Stunde war ich oben. An jedem anderen Ort würden für dieses Panorama allein schon täglich tausend Japaner in Bussen durch die Landschaft gescheffelt, aber hier im Zion Park ist es wirklich kaum mehr als ein Appetithäppchen.

 

 

Bestens aufgewärmt machte ich mich ans Hauptprogramm des Tages: Die Zion Narrows. Der Beginn des Zion Canyons, wo die Schlucht auf wenige Meter Breite zusammenschrumpft. Hier wandert man allerdings nicht auf Fusswegen, sondern planscht geradewegs durchs Wasser, immer dem Fluss entlang. Mal kommt das kühle Nass nur bis zu den Knöcheln, mal kämpft man sich durch bauchhohe Stromschnellen. Erfrischend ist's alleweil, und interessant zu werden versprach es auch.

 

 

Hat man sich aber an die Temperatur gewöhnt und vom Gedanken verabschiedet, dass Schuhe gefälligst trocken zu sein haben, kann das Vergnügen losgehen. Zumindest wenn man richtig ausgerüstet ist. Im Dorf werden für den Planschspass nämlich überall Wanderstöcke angepriesen. Quatsch, brauche ich nicht, dachte ich Knauser mal wieder - so ein kleiner Bach haut einen Schweizer doch nicht um.

 

Blog-Ausschnitt:
Nach den ersten zehn Metern im Wasser belehrte mich der reissende Strom eines Besseren, und wäre ein Talentscout des Cirque du Soleil vor Ort gewesen, der hätte mich nach meiner artistischen Rettungseinlage glatt unter Vertrag genommen.

 

Das Bachbett besteht nämlich neckischerweise nicht aus Kies oder Sand, sondern aus grossen, glitschig-runden Steinen. Man fühlt sich, als ob man auf geölten Bowlingkugeln durch die Landschaft balancieren würde - mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass man beim Gang auf Bowlingkugeln nicht bereits beim ersten Fehltritt das ganze teure Fotoequipment versenkt. Das erinnerte an ein fieses Computer-Spiel: Eine falsche Taste gedrückt und Game Over – welch ein Garant für Motivation, Abenteuer und Spannung gleichermassen!

 

 

 

Neben offenbarer Selbstüberschätzung bin ich aber glücklicherweise auch mit einer Prise Erfindergeist gesegnet. So zückte ich cool mein Foto-Stativ und funktionierte es kurzerhand zum Wanderstock um.

 

Blog-Ausschnitt:
Nicht, dass es nun ein Spaziergang gewesen wäre - ganz im Gegenteil. Die Wanderung brachte sämtliche Sinne nach wie vor heftig ins Schwitzen. Der Tastsinn schwang das Stativ und stocherte nach versteckten Löchern und scharfen Steinen. Das Gleichgewichtsorgan war dermassen beansprucht, dass ich fürchtete, die Ohren würden bald glühend davonsegeln. Die Augen versuchten, trotz des trüben Wassers ihren Teil zur Teamleistung beizutragen, ergötzten sich aber viel zu oft an anderen Flussgängern: Keine Minute, in der nicht irgendwo jemand schreiend, kreischend oder fluchend ein unfreiwilliges Bad nahm.

 

 

 

Je weiter ich kam, desto spärlicher wurde meine Begleitung, und desto schöner und enger die Schlucht. Nach drei Stunden Kampf flussaufwärts gegen die zornig an meinen Schenkeln zerrende Strömung war der Zion River auf blosse fünf Meter Breite geschrumpft und ich mittlerweile ganz alleine. Das Stativ hatte glücklicherweise auch bis hierhin überlebt und kam nun wieder seiner angestammten Funktion nach. Alle 100 Meter wartete eine noch schönere, noch imposantere Kulisse und ich hätte endlos so weitermachen können.

 

Blog-Ausschnitt:
Ich hielt mich derweil ganz wacker - okay, auch ich schlug meine Beine alle zwei bis drei Minuten an so ner depperten Bowlingkugel an, sodass ich wohl bald von der Hüfte abwärts in allen möglichen Blau- und Rottönen erstrahlen werde. Aber immerhin, ich fiel nie hin - während ganzen fünf Stunden Flussodyssee!

 

 

 

 

 

 

15. August: Zion NP - Bryce NP - Page (410km)

 

 

Neuer Tag, neuer Park, neues Transportmittel: Der Bundu Bus, ein Shuttle für unmotorisierte Backpacker wie mich. Das einzige notabene, und das scheinen sie auch zu wissen.

 

Blog-Ausschnitt:
Ein Wesen namens Sessel bevölkert das Büro, doch leider hat das Polstermöbel die Freundlichkeit nicht gerade mit Löffeln gefressen. Sessel reagiert auf Anfragen mit nichtssagenden Einzeilern in einem Ton, der nicht vermuten lassen würde, dass der Kunde König ist und sich überlegt, eine ansehnliche Summe springen zu lassen.

 

So schwante mir böses, als mein Shuttle auch eine halbe Stunde nach der vereinbarten Zeit noch nicht in Sicht war.

40 Minuten später das Wunder: Ein schneeweisser, unbeschrifteter Minivan kam angerauscht und ich durfte einsteigen. An Bord eine Dreiergruppe junger Engländer - allesamt rot wie überreife Tomaten und in Flip-Flops und Badehosen unterwegs. Im Nationalpark, versteht sich. Entgegen dem ersten Eindruck waren sie aber ganz in Ordnung, auch der Fahrer stellte sich als durchaus nett und kompetent heraus.

 

 

 

Unser Zwischenziel war der Bryce Canyon, ein weiterer Nationalpark. Attraktion hier: Die Hoodoos. Hohe, schlanke Steinnadeln.

 

Blog-Ausschnitt:
Nach Überlieferung der lokalen Indianer böse Menschen, welche der Coyote-Gott zum Schmoren in Stein verwandelt und in die pralle Sonne gestellt hat. Nach Meinung der Wissenschaftler Produkt Jahrtausende langer Erosion, geformt von nachts gefrierendem Schnee- und Regenwasser. Wem auch immer man glauben mag, die Dinger sind ganz schön imposant - und auch nicht so klein, wie sie aussehen mögen. Die meisten überragen ausgewachsene Bäume bei weitem.

 

 

(Man notiere den Baum als Grössenvergleich).

 

 

 

Ein oder zwei solcher Hoodoos sind schon nett anzuschauen. Richtig atemberaubend wird das Erlebnis aber, wenn man den Blick über ein Meer von tausenden dieser farbigen Felstürme Skulpturen schweifen lassen kann. Scheint ja echt viele böse Menschen hier in der Gegend zu geben. Vielleicht wäre für Sessel auch noch ein Plätzchen im Hoodoo-Wald frei?

 

 

 

 

16. August: Page, Land der Schluchten und Stauseen

 

 

 

Das Land rund um das Städtchen Page gehört den Navajo-Indiandern, deren Reservat die Natur gütigerweise mit einigen Schönheiten gesegnet hat. Paradeattraktion ist der Antelope Canyon, eine von den häufigen, auf starke Gewitter folgenden Sturzfluten geschaffene Schlucht. Ihre ästhetisch geschwungenen Sandsteinwände erstrahlen in psychedelisch-überirdischen Farben und lassen jedes Fotografenherz höher schlagen.

 

 

Blog-Ausschnitt:
Die geschäftstüchtigen Rothäute wissen sehr gut, wie sie die Touristen und ihre Dollars angeln können. Zu astronomischen Preisen wird man auf der Ladebrücke eines Pick-ups zum Canyon gescheffelt. Der indianische Fahrer drückte ordentlich auf die Tube und der Transfer wurde zu einem halsbrecherischen Höllenritt durch ein ausgetrocknetes Flussbett. In diesem Wilden Westen hat schon jede Attraktion ihren Adrenalinkick.

 

 

 

Gut durchgeschüttelt trafen wir nach 20 Minuten am Ziel ein, wo bereits weitere zehn Geländewagen geparkt waren. Machte 150 Leute in einer Schlucht von ein bis zwei Metern Breite und einem einzigen Ein- und Ausgang. Definitiv nichts für auch nur entfernt klaustrophobisch Veranlagte.

 

 

Dementsprechend wurden wir unter heftigem Ellbogeneinsatz durch die Röhre gepfercht, wie eine Horde Schweine fünf Minuten bevor der Schlachthof Feierabend macht. Das allein brachte einem schon dem Herzinfarkt nahe. Doch auch die Kamera musste stets in Windeseile den wechselnden Lichtverhältnissen angepasst werden. Ich könnte glatt bei einer Formel 1-Boxencrew anheuern!

 

 

Doch die schweisstreibende Arbeit lohnte sich.

 

Blog-Ausschnitt:
Zugegeben, der Ausschuss war gross - was nicht nur am fotografischen Unvermögen lag, sondern auch an den unzähligen Italienern, die einem stets durchs Bild stolperten. Grazie mille. Der Indianer-Guide erklärte derweil begeistert, was für Höhlenformationen man gerade erkennen konnte. Hier Abraham Lincoln, dort der Falke, dahinter der betrunkene Pinguin, oder was auch immer. Keine Ahnung, mit was die ihre Friedenspfeifen stopfen, ich sah nichts als Stein. Dort wo der Guide The Heart verortete, stand ich halt auch mal hin und zündete die Kamera blindlings gegen oben. Oh Wunder, auf dem Bild offenbart sich das Herz plötzlich.

 

 

 

Die Hauptattraktion sind aber die Beams. Und das ist eine halbe Wissenschaft mit diesen Beams. An manchen Orten zündet nämlich zu ganz bestimmten Zeiten die Sonne in den Canyon und sendet eine Art himmlischen Strahl zu Boden.

Blog-Ausschnitt:
Das ist natürlich das galaktische Tüpfelchen auf dem überirdischen i. Und als wären die Beams selber noch nicht genug, warfen die emsigen Navajo-Guides unter euphorischem Beifall der Fotografenmeute freudig Schaufeln voll Sand in den Strahl, was ihn so richtig zum Leuchten brachte. Um die nächste Ecke sass derweil ein Flötenindianer und stimmte dazu eine schöne Melodie an. Da wurde das Erlebnis für den Bruchteil einer Sekunde ganz idyllisch - bis der nächste scusi-merda-non ho visto che... lautstark palavernd in mein Stativ knallte.

 

 

 

 

Zurück in Page galt es, den Nachmittag über die Runden zu bringen. Nichts einfacher als das: Ein Bike mieten und zum nahegelegenen Glen Canyon Damm trampen. Blöd nur, dass das einzige Fahrradgeschäft des Dorfes den Verleih mangels Nachfrage schon seit langer Zeit eingestellt hatte.

Blog-Ausschnitt:
Den blöden Damm wollte ich mir aber dennoch nicht entgehen lassen und fünf Kilometer sind ja auch nicht alle Welt. Also Schuhe geschnürt und losgewandert. Zwar wurde aus der halbstündigen Fahrradtour nun halt ein Nachmittag-und-Abend-füllendes Programm, dafür erhielt ich einen tiefen und intimen Einblick in die faszinierende Wüstenvegetation am Strassenrand und lernte den Hupton so etwa jedes vorbeigebretterten Truck-Typs kennen. Keine Ahnung, was die gegen Fussgänger hatten. Auch Petrus hielt offenbar nicht allzu viel von meiner Idee und strafte mich Mitte des Weges mit einer Dusche ab. Doch eine Umkehr kam nicht in Frage, und die Belohnung folgte auf dem Fuss.

 

 

Wüste und Sandsteinberge in allen Farbtönen von weiss bis dunkelrot, hier die tiefe Schlucht, dann der mächtige Damm, dahinter türkis glitzernd der Stausee Lake Powell. Der ist übrigens so verzweigt, dass er mehr Küstenlinie aufweist als die gesamte US-Westküste.

 

 

 

 

 

17. August: Horseshoe Bend und Monument Valley

 

 

 

Vor den Toren Pages liegt ein weiteres Naturschauspiel: Der Horseshoe Bend. Nicht, dass ein Canyon alleine noch nicht sehenswert wäre. Aber wenn er direkt unter einem eine 180-Grad-Kurve hinlegt, ist das schon eine Klasse für sich. Anstatt wie geplant bequem zur Schlucht zu radeln, musste ich mich allerdings auf einen weiteren Marsch einstellen: 100 Minuten veranschlagte das GPS in meinem Handy.

 

Blog-Ausschnitt:
Auch diesmal alles dem Highway entlang durchs unwirkliche Nichts - bloss, dass es heute viel heisser war und das Ziel nie wirklich sichtbar. Kein Damm, der langsam näher rückte, nur eine Strasse und endloses, in der Hitze waberndes Ödland. Wie in einem alten Western. Die Plackerei lohnte sich aber definitiv: Das monströse Hufeisen war an Eindrücklichkeit kaum zu überbieten und ich starrte geschlagene zwei Stunden fasziniert in die Tiefe.

 

 

Man beachte den weissen Punkt; das Boot taugt gut als Grössenvergleich!

 

 

Das Nachmittagsprogramm war auch nicht von schlechten Eltern: Der Bundu-Bus brachte mich zu dem Inbegriff für den Westen schlechthin, dem Monument Valley.

 

 

Vor Ort wechselten wir das Transportmittel und genossen eine zweistündige Fahrt durch den Wald der Monolithen.

 

Blog-Ausschnitt:
Ja, wieder auf einer Pick-up-Ladebrücke. Ja, wieder auf 'ner Schotterpiste. Ja, der Fahrer war Indianer und fuhr auch entsprechend. Nein, den Geist von John Wayne sah ich nicht. Dafür hatte offenbar ein Indianer den Auftrag gefasst, alle 15 Minuten mit seinem Gaul auf einen Felsvorsprung zu schlurfen und damit die Touri-Schnappschüsse zu bereichern. Nett. So fiel auch mein Urteil des Gesehenen aus: Wahrscheinlich hatte ich mir bloss bei der morgendlichen Highway-Wanderung einen Sonnenstich eingefangen oder litt an einer Naturwunder-Überdosis. Aber so pittoresk sich die imposanten Sandsteinformationen auch präsentieren, irgendwie sprang der Funke nicht richtig über.

 

 

 

 

 

 

18. August: Page - Grand Canyon (380km)

 

 

Vom Page zum Grand Canyon fährt man eigentlich nur zwei Stunden. Doch mit dem ÖV wird das Ganze um das Vierfache aufgeblasen, denn das einzige Transportmittel ist das Flugzeug nach Phoenix, was nicht gerade am Weg liegt. Doch das Schicksal hatte ein Einsehen…

 

Blog-Ausschnitt:
Kaum am kleinen Flugplätzchen von Page angekommen, wurde ich informiert, dass der Flug gestrichen sei. Für die fünf gestrandeten Passagiere würde eine Limousine nach Phoenix organisiert. Immerhin konnte ich erreichen, dass ich schon im Städtchen Flagstaff abgesetzt würde, was nahe beim Grand Canyon lag. Andere nahmen das weniger gelassen: So konnte ein typischer American Daddy in Bomberjacke und Baseballmütze beobachtet werden, wie er das ganze kleine Terminal mit seinen lautstarken Hasstiraden gegen die Airline eindeckte. Dreimal darf geraten werden, aus welchem Staat er stammte. Genau, Texas. Und von Beruf? Anwalt, auch klar. Ein armer Tropf von Flughafenmitarbeiter machte dann zu allem Übel den gravierenden Fehler, in seiner Gegenwart das Wort Bus zu erwähnen – in der gutsituierten amerikanischen Society bekanntlich ein Reizwort. Der Texaner flippte völlig aus, stürmte schnaubend im Terminal umher und polterte unaufhörlich, wo nun seine verdammte Limo sei.

 

 

 

Blog-Ausschnitt:
Das Gefährt, das schliesslich vor dem Terminal aufkreuzte, überraschte aber restlos jeden. Aussen als unscheinbarer Bus getarnt, war es innen piekfein hergerichtet, mit Ledersofas, verspiegelten Wänden und Decken, einer Armada Lichter in allen Regenbogenfarben und einem riesigen Flatscreen-TV an der Rückwand. Ein veritabler Limo-Bus, dem es nur am Champagner fehlte. Aber auch ohne Sprudelwasser war das Teil das totale Gegenstück zu den Greyhound-Vehikeln.

 

 

Nach zwei Stunden wurde ich in Flagstaff ausgesetzt und hatte nun, da der Umweg über Phoenix wegfiel, plötzlich sieben Stunden bis zur Abfahrt meines Grand Canyon-Shuttles rumzukriegen.

 

Blog-Ausschnitt:
Die Leute im Tourismusbüro gaben sich alle Mühe, mir die Altstadt schmackhaft zu machen. Ich schlafwandelte dann auch eine ganze Stunde durch die anonymen und charakterlosen Häuserblocks, fand aber nicht das Geringste, was mich hätte aufwecken können - im Gegenteil. Ich musste echt aufpassen, dass ich nicht gegen einen Laternenpfahl knallte, so einschläfernd war das Nest. Das interessanteste Gebäude war bei weitem das Stadthaus, aber auch dieses besass bestenfalls den architektonischen Charme eines mittelprächtigen Schweizer Schulhauses.

 

 

So begab ich mich zurück zum Bahnhof und frönte schliesslich Flagstaffs anderer Attraktion: Hundert Frachtzüge rumpeln täglich durch die Stadt, jede Viertelstunde einer. Bis zu 140 Wagen pro Zug zählte ich.

 

 

 

 

 

19. August: Ab und auf im Grand Canyon

 

 

Erst einmal zum mitschreiben: Das Teil ist r-i-e-s-i-g! Ich hatte mir den König aller Nationalparks ja gross vorgestellt, aber auf diese Ausmasse war ich nicht vorbereitet. Das ist keine einzelne Schlucht, wie noch tags zuvor der Horseshoe Bend, sondern vielmehr eine endlose zerklüftete Landschaft von Klippen und Bergen, die sich auf etwa vier verschiedenen Höhen-Ebenen gleichzeitig abspielt.

 

 

Es scheint, als wolle es Mutter Natur den Touristen nicht leicht machen, ihr Meisterwerk jahrtausendelanger Erosionsarbeit mal eben auf ein Foto zu bannen. Daher war Laufarbeit angesagt - 15 Kilometer hatten sich bis zum Ende des Tages angesammelt, gut 1'000 Höhenmeter wurden vernichtet und wieder erklommen.

Erstes Ziel: Der populäre Bright Angel Trail runter in den Canyon.

 

Blog-Ausschnitt:
Also die Schuhe geschnürt und in die Tiefe gestürzt. Es ging sofort in etlichen Serpentinen steil den Hang runter - wie sonst sollte man auch einen Canyon bewandern. Obwohl keinen Kilometer Luftlinie vom Startpunkt entfernt, war ich nach gut einer Stunde beim 3-Meilen-Häuschen angekommen und hatte somit bereits fünf Kilometer respektive 650 Höhenmeter zurückgelegt. Dabei hatte ich noch immer nicht das Gefühl, wirklich im Canyon drin zu sein - der ist wohl einfach zu gross.

 

 

Blog-Ausschnitt:
Der Weg hätte noch viel weiter in die Tiefe geführt. Das sah alles nett und flach aus da unten, aber meine Karte meinte, das wären nochmals zehn zusätzliche Kilometer pro Strecke und riet dringendst davon ab, das im Sommer in einem Tag versuchen zu wollen. Und schon gar nicht, wenn man erst nach Sonnenaufgang losgewandert ist. Je tiefer man nämlich kommt, desto heisser wird es. 500 Höhenmeter entsprächen 500 Kilometern Fahrt südwärts, heisst es. Während es oben am Rand schön kühl ist, können die Temperaturen unten im Backofen bis zu 50 Grad im Schatten erreichen - bloss dass dort nichts Schatten spendendes mehr rumsteht

 

 

So wandte ich mich schweren Herzens meiner neuen Aufgabe zu: Die soeben geschafften 5 Kilometer wieder hochzukraxeln. Ich reihte mich in den Tross schnaubender, schwitzender Europäer ein, die sich mit häufigen Zwischenstopps den Weg raufquälten, und schaute ehrfürchtig die Wand hoch.

 

 

Wider Erwarten hielt sich die Anstrengung aber in Grenzen, und ich absolvierte die mit 4-6 Stunden angegebene Wanderung in deren zwei. Dennoch fühlte ich, dass noch Kraftreserven vorhanden waren, und begab mich auf den Nachmittag hin zu einem weiteren Pfad: Dem Kaibab Trail.

 

Blog-Ausschnitt:
Der ist in etwa gleich steil, bietet aber viel schönere Aussichten. Dabei ist er bloss halb so lang wie das bereits erledigte Programm und eignete sich damit perfekt für einen gemütlichen Nachmittags-Spaziergang.

 

 

 

Nach einer halben Stunde war ich unten am Umkehrpunkt namens Cedar Ridge angekommen und bewunderte das sagenhafte Panorama. Die tiefstehende Sonne tauchte den Canyon in satte, fotogene Farben, und die langen Schatten der Felswände steuerten etwas Kontrast bei. Ich war zu dieser späten Zeit der einzige hier und genoss die Einsamkeit im Angesicht der Riesenschlucht.

 

 

Schliesslich wollte ich noch zu einem dritten Aussichtspunkt, um mir den Sonnenuntergang anzusehen.

 

Blog-Ausschnitt:
Diesen verpasste ich beinahe – aber schneller gehen war nicht, Gruppen schnatternder Touristen verstopften den Pfad. Kann bitte mal jemand in Rom nachschauen gehen, ob da überhaupt noch Leute auf der Strasse sind? Fühlt sich an, als hätte jemand den ganzen Stiefel über dem amerikanischen Westen ausgeschüttet!

 

 

Zum Abkühlen spazierte ich gegen Mitternacht etwas der Abbruchkante entlang und genoss den Grand Canyon im Schein des Vollmonds - ein ausgesprochen majestätischer Anblick! Mit guten Augen erkennt man sogar die Lichter des 16 Kilometer entfernten Zentrums am Nordrand der Schlucht.

 

 

 

 

 

20. August: Grand Canyon - Phoenix (400km)

 

 

Nach einer Blogschreibe-Freinacht zeigte sich morgens um 5 bereits der erste Silberstreifen am Horizont. Also den Pulli gesattelt und dem farbenfrohen Sonnenaufgang beigewohnt.

 

Danach blieben mir noch vier Stunden, bis mich der Shuttle von Canyon trennen würde. Schlafen? Denkste. Ein wunderschöner Morgen und kein einziges Wölkchen am Himmel: Diese Situation musste ausgenutzt werden.

 

Blog-Ausschnitt:
Immerhin gefällt mir der Grand Canyon so am besten: Erst wenn keine Wolkenschatten auf dem Bild zu sehen sind, zeigt sich, wie zerfurcht die Landschaft selber schon ist.

 

Die vielen grandiosen Aussichtspunkte waren noch ausgestorben und das Naturwunder lag mir einmal mehr exklusiv zu Füssen. Endlich konnte ich auch einen Blick auf den Übeltäter erhaschen, der dem armen Hochplateau die tiefen Schnitte zugefügt hat: Der Colorado River, der sich im Vergleich zu den riesigen Felsen wie ein unschuldiger kleiner Rinnsal durchs Tal schlängelt.

 

 

 

 

Nach diesem traumhaften Anblick fiel der Abschied umso schwerer und so träumte ich auf der Rückfahrt nach Flagstaff lieber noch etwas vom Erlebten. In Flagstaff latschte ich mit Sack und Pack durchs Dorf, um vom Shuttle-Parkplatz zur Greyhound-Station zu gelangen. Hach, ich hatte meine Windhunde und ihr spezielles Klientel schon richtiggehend vermisst.

Der Bus nach Phoenix fuhr pünktlich und ich hatte eine Sitzreihe für mich, alles in Butter also. Phoenix glich klimatisch einem Backofen – beim Ausstieg erschlug ich mich eine Affenhitze von 44 Grad Celsius.

 

Blog-Ausschnitt:
Nachdem ich die letzten Wochen meistens auf beinahe 2'000 Metern und in leicht kühleren Gefilden unterwegs war, waren die erdrückenden Temperaturen hier ein ziemlicher Schock. Das Greyhound-Terminal lag wenigstens gleich beim Airport und auch mein Hotel hatte ich hier gewählt. So konnte ich mich zum Ausklang des Tages auf Fliegerjagd begeben, denn immerhin bietet Phoenix gleich drei hohe Parkhäuser, von denen man einen tollen Überblick über das gesamte Areal geniesst. Die Blickwinkel gefielen sehr und die Sand- und Steinlandschaften machten sich im Bildhintergrund auch nicht allzu schlecht.

 

 

Sonnenaufgang am Grand Canyon, Sonnenuntergang über den Wolkenkratzern von Phoenix. Passt!

 

 

 

21. August: Im Land der Kakteen

 

 

 

Auch beim hartgesottensten Planespotter meldet sich ab und an das schlechte Gewissen, wenn mal wieder von einer Stadt nur der Flughafen gesehen zu werden droht. So war es heute.

Also schlug ich den dünnen Phoenix-Teil meines Reiseführers auf und suchte nach Alternativen. Wenigstens eine Attraktion weckte ansatzweise mein Interesse. Es stellte sich heraus, dass der Desert Botanical Garden gleich um die Ecke lag.

 

Blog-Ausschnitt:
Das heisst bei US-Verhältnissen, dass man mit nur einmal umsteigen und knapp unter einer Stunde Busfahrt zum Ziel gelangt. Normalerweise sind Pflanzen für mich wenig mehr als ein schöner grüner Hintergrund auf Landschaftsbildern, aber die Kakteen hatten mich umgehend in ihren Bann gezogen, als ich tags zuvor entlang der Autobahn die ersten Exemplare erspäht hatte. Da es ohnehin mein letzter Tag in der Wüste sein sollte, fand ich es angemessen, ihren piksenden Bewohnern einen Besuch abzustatten.

 

 

 

So, jetzt wird's stachelig. Oder eher dornig. Kakteen haben nämlich Dornen, wie mir ein Info-Pamphlet zu erzählen wusste.

 

Blog-Ausschnitt:
Und Rosen Stacheln. Hat damit zu tun, ob das piksende Etwas aus dem Innern wächst (Dornen), oder nur aus der 'Haut' (Stacheln). Oder umgekehrt. Ich mit meiner Vier in Biologie stehe da sowieso auf verlorenem Posten - zu meiner Verteidigung muss ich aber anfügen, dass wir in den sechs Jahren Unterricht nie übers Pantoffeltierchen hinaus gekommen waren. Da war der Desert Botanical Garden schon viel interessanter: 20'000 irrwitzige Gewächse erweckten die trockene Wüste zum Leben.

 

 

 

Zwei Stunden lang wandelte ich begeistert durch den Sukkulentenwald und war ab der Naturshow überrascht:

 

Blog-Ausschnitt:
Von 5 Zentimetern bis 15 Metern Grösse wiurde die gesamte Bandbreite an Kakteen abgedeckt, und die faszinierende Vielfalt an Formen, mit welcher die Natur im Kampf gegen sich selber antritt, war überwältigend. Auch für den Heimbedarf war alles vorhanden: Vom Zahnstocher-Dispenser über den Suppenteller-Kaktus bis zu stacheligen Sitzkissen, welche mich unweigerlich an die Greyhound-Sessel erinnerten.

 

 

 

Groooooooss!!

 

 

22. August: Phoenix - San Diego (600km)

 

 

Eine lange Fahrt durch trockene Landschaften, von Arizona über die Grenze nach Kalifornien.

Blog-Ausschnitt:
Wir überquerten die Grenze und ich war im Land der Träume und Träumer angelangt, von einem schlecht schauspielernden Bodybuilder regiert und von dutzenden noch viel schlechter schauspielernden Ex-Missen invadiert. Welcome to California!

 

 

Das erste, was ich vom Golden State sah waren Sanddünen, eine endlose goldene Ebene voll. Dieses Land ist echt voller Überraschungen!

 

Wir waren im Grenzland und Arnies Mannen liessen sich nicht lumpen. Personenkontrolle. Die zweite heute.

 

Blog-Ausschnitt:
Ein Schrank postierte sich mit Hand an der Waffe und grimmigem Blick vor der Bustür, ein weiterer auf der Bustreppe und zwei Schränke (da war ne halbe IKEA unterwegs!) durchkämmten den Greyhound auf der Suche nach über die Grenze gehüpften Mexikanern.

 

Einer der Typen wollte prompt von mir wissen, von wo ich heute früh losgefahren war. Total falsche Frage, ich hatte keinen Schimmer. Sobald der Bus eine Stadt verlässt, wird sie in einer gut verschlossenen Schublade abgelegt und in die hinterletzte Ecke meines Gehirns katapultiert. So scheint es mir zumindest. Dem Schrank schien es wohl eher, dass ich gar keines besass. Es folgten 20 Sekunden bangen Studierens, ich sah mich schon in Handschellen abgeführt, mitten in der Wüste an einen Kaktus gefesselt, vom Governator höchstpersönlich vermöbelt und ausser Landes gekickt. Da fiel mir die Antwort doch noch ein und der Schrank schrankte zufrieden von dannen.

 

 

Nach neun Stunden traf ich in San Diego ein und erblickte, was ich seit genau 29 Tagen nicht mehr gesehen hatte: Das Meer.

Blog-Ausschnitt:
Ich hatte es geschafft, das Land, ja der Kontinent war durchquert und nach den Torturen der heissen, trockenen Wüste empfing mich das wohltemperierte Paradies am Ozean. Wie einst die Pioniere liess ich zufrieden den Planwagen namens Greyhound zurück, legte unweit vom Wasser mein Bündel nieder und baute mein Zelt auf. Okay, über meinem Zelt prangte ein helles Neonschild mit der Aufschrift Motel 6, aber Komfort- und Hygienestandards waren durchaus vergleichbar.

 

 

 

 

 

23. August: San Diego - Los Angeles (220km)

 

 

Leider drängte die Zeit und ich musste San Diego viel zu schnell den Rücken kehren. Die erste Stadt, in der ich das Gefühl hatte, nicht genug gesehen zu haben. Doch punkt zwölf Uhr war Greyhound-Time.

Blog-Ausschnitt:
Wieder einmal volles Haus, aber ich schlüpfte gerade noch so rein. Der Kurs lief unter der Bezeichnung Local Bus und hielt in jedem Kaff auf dem Weg. Solange die so klangvolle Namen wie Oceanside oder Santa Ana trugen und sich gegenseitig mit fantastischen, palmenflankierten Meerblicken überboten, störte mich das jedoch überhaupt nicht. Die Autobahn schien indes im Minutentakt an Spuren zu gewinnen - untrügerisches Zeichen dafür, dass wir dem Moloch LA immer näher kamen.

 

 

Ich verzog mich allerdings direkt an den Airport.

 

 

 

24. August: Spotting in LAX

 

 

Blog-Ausschnitt:
Ich hatte während meiner Reise einige Personen gefragt, was man in LA so gesehen haben sollte. Die Touristen haben es sich leicht gemacht und leicht schuldig erzählt, sie seien die ganze Zeit nur am Strand gelegen. Die Einheimischen, die armen, wussten sich nach einer langen Denkpause meist nur verlegen lächelnd durch die Gegenfrage aus der Affäre zu ziehen, was es denn in der Schweiz so zu sehen gäbe ausser Volvowerken und Elchen (sic! und zwar mehrmals). Fazit: Hier hat's nichts für mich - zumindest, solange ich nicht an irgendwelchen Filmsets herumtrampeln, über Sterne im Boden stolpern oder gut versteckte Promivillen aufspüren gehen will.

 

 

Also keine Sightseeing-Schüsse heute, nur Spotting. Wobei doch, eine Sehenswürdigkeit erledigte ich trotzdem: Das bereits im Jahr 1961 errichteten Theme Building am Airport, welches an ein UFO erinnern soll.

 

 

 

25. August: Los Angeles - Santa Barbara (180km)

 

 

Heute war der erste Tag eines grossen Puzzlespiels. Kaliforniens traumhafte Küstenstrasse, der Highway One, ist nämlich so etwas wie die letzte Knacknuss, die sich dem autolosen Reisenden auf dem Weg durch die USA bietet.

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Leider gibt es keinen einzigen Bus, der die ganze Route befährt. Allerdings sind ein paar Bruchstücke vom ÖV erschlossen, und so versuchte ich, aus diesen Fragmenten ein möglichst stimmiges Ganzes zusammenzubasteln. Shuttle vom Hotel zum Flughafen, Bus zum Bahnhof, schon war ich bereit für ein weiteres kurzes Amtrak-Abenteuer.

 

Die ersten anderthalb Stunden ging's durch schön grünes, aber nicht weiter interessantes kalifornisches Farmland. Doch plötzlich reckten sich fünfzig mit Kameras bewaffnete Hände in die Höhe, allgemeine Unruhe machte sich breit. Wir hatten die Küste erreicht und der erste Strand kam in Sicht.

 

 

Von nun an schlängelten wir uns, mal hundert, mal nur zehn Meter vom Meer entfernt, der Küstenlinie entlang. Hier auf steilen Klippen direkt über dem tiefblauen Wasser, dort hinter lieblichen Buchten und gut gefüllten Stränden durch. Allgemeiner Antipode war ein äusserst hartnäckiger Seenebel, der uns mit Freuden der besten Panoramen zu berauben versuchte.

 

 

Wenig später, in Santa Barbara, verliess ich den Zug. Kurz im Hotel eingecheckt und ab an den Strand. Denkste!

 

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Ich hatte mich zwar schon seit Tagen aufs Nichtstun an der Sonne gefreut, aber da hatten die spanischen Missionare etwas dagegen. Die konnten nämlich beim Anblick des schönen Hügels hinter der Stadt nicht widerstehen und pflanzten eine ihrer Kirchen hin. Offenbar machten sie ihre Arbeit ganz ordentlich, denn mein Reiseführer spricht überschwänglich von der Königin aller Missionen. Also gut, ich mach' mich ja schon auf den Weg.

 

 

Neben der Mission (links) war auch das Gerichtsgebäude (rechts) sehenswert.

 

Blog-Ausschnitt:
Was meine Backpacker-Bibel in gewohnt flapsiger Manier als ein „absurd schöner Ort, verurteilt zu werden“ beschrieb, konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Und wirklich: Die Imitation spanischer Architektur wirkte charmant und liess einen Hauch von Europa aufkommen, auch die Wandmalereien im Innern waren ansprechend.

 

 

 

Der kleine Turm des Gerichts erlaubte eine attraktive Aussicht auf Santa Barbara: Ozean mitsamt bedrohlich nahe lauernden Nebelbänken rechts, die imposanten Santa Ynez-Mountains links, das Städtchen dazwischen. Toll!

 

 

Kurzer Bummel durch die pittoreske Innenstadt, überall finden sich idyllische Ecken und nette Häuschen. Endlich beim Strand angekommen, hatte ich noch immer keine Zeit für Entspannung. Erst galt es nämlich noch, dem rustikalen Holzpier weit in den Ozean hinaus zu folgen.

 

Blog-Ausschnitt:
Hier tummelten sich etliche Hummerrestaurants, im azurblauen Himmel kreisten Möwen sowie vereinzelte Pelikane und es bot sich ein wunderschöner Blick zurück auf Küste, Stadt und Berge.

 

Erst dann hatte ich Zeit, Strandtuch und Badehose zu schnappen und mich dem lang ersehnten Nichtstun im Sand hinzugeben. Für genau zehn Minuten, dann ging die Sonne unter. Manchmal macht's einem das dichte Programm schon nicht leicht...!

 

 

 

 

 

26. August: Santa Barbara - Monterey (450km)

 

 

Zeit für das nächste Küsten-Teilstück. 450 Kilometer standen auf dem Programm und wiederum vertraute ich mich der Bahngesellschaft Amtrak an.

Zwischenzeitlich fuhr der Zug auf einem Abschnitt, der nicht einmal mehr per Strasse zu erreichen ist. Eine ÖV-exklusive Aussicht im Autoland USA – welch ein rares Highlight!

 

Viel zu schnell war das herrliche Spektakel dann auch wieder vorbei. Erst eroberte sich der Nebel den Himmel zurück, wenig später drehten wir dann von der Küste weg ins Landesinnere. Es wurde eine ansehnliche Hügelkette durchquert, mit einigen engen Umkehrkurven und Tunnels. Die hatte ich so auch nicht erwartet und war daher trotz des Abschieds vom Meer positiv gestimmt.

 

 

 

27. August: Monterey - Kurvenreiche Strassen und einsame Bäume

 

 

Das lokale Busunternehmen schickt dreimal pro Tag einen Shuttle von Monterey runter nach Big Sur. Das sind zwar nur 50 der 200 Kilometer, die als schönster Küstenteil gelten, aber immerhin. Und bei fünf Franken für volle zwei Stunden Fahrspass kann man ja auch nichts sagen.

 

Blog-Ausschnitt:
Ganze fünf Gäste an Bord: Ich, zwei Quebecoises, die sehr viel Wert darauf legten, nicht einfach als Kanadierinnen bezeichnet zu werden, sowie ein durchgeknalltes Mittfünfziger-Pärchen in Schamanenkleidung, komplett mit Totenkopf-Wanderstäben und Alkoholfahnen. Wahrscheinlich aus dem Irrenhaus entlaufen. Oder aus Texas.

 

Ergänzt wurde das bunte Trüppchen von einem Fahrer, der die kurvige Küstenstrasse offenbar als seine persönliche Rennstrecke betrachtete und seinen trägen Ford-Minibus in so halsbrecherischer Manier über die enge Strasse hetzte, dass selbst die dauerpalavernde Möchtegern-Schamanin ihr Gebrabbel bald einmal einstellte und sich verkrampft am Vordersitz festklammerte.

 

 

 

Die Fahrt war ein Erlebnis der Sonderklasse, denn die Strasse führte von Panorama zu Panorama. Freilich war das Fotografieren mehr schweisstreibende Arbeit als entspannter Reisegenuss.

 

Blog-Ausschnitt:
Bei unserem Affenzahn blieb keine Sekunde, die vielen atemberaubenden Ausblicke festzuhalten - geschweige denn zu geniessen -, bevor wieder ein Baum oder eine Leitplanke ins Bild huschte.

 

So erlebte ich eine ganze Stunde hochkonzentriert durch den Sucher, den Finger schussbereit am Abzug und die Kamera eingeklemmt zwischen Nase und Fenster, was angesichts der zahlreichen abrupten Manöver unseres Küstenstrassenschumis beidseits der Fotokanone zu mehreren Schrammen führte. Aber es lohnte sich definitiv!

 

 

 

Auf der Rückfahrt liess ich mich etwas früher aus dem Bus werfen und erkundete noch die Gegend.

 

Ich folgte mit den Augen der Küstenlinie, die da weit entfernt im Nebel verschwand. Irgendwo dort drüben musste The Lone Cypress stehen, eine fotogene, windgepeitschte Zypresse auf einem Felsvorsprung. Mein GPS bezifferte den Weg dorthin auf zehn Kilometer. Zeit bis zum letzten Bus des Tages: Zwei Stunden. Konnte passen.

 

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Tja, liebe Naturfreunde. Wer kann von sich behaupten, für einen einzigen Baum 90 Minuten gelaufen zu sein, Hand hoch? Ich müsste mich wohl langsam umtaufen lassen: Walker, Texas Ranger. Oder California.

 

Ich genoss die pompösen Villen am Strassenrand, die stiffe Brise sowie den herben Meeresgeruch und legte die Kilometer in Windeseile zurück. Bei der einsamen Zypresse angekommen war die Aussicht natürlich nichts im Vergleich zur Küste von Big Sur, aber dafür konnte der arme Baum ja nichts. Überhaupt: Was auf einer Autofahrt nur ein weiterer Knipser am Wegrand gewesen wäre, war nach dieser Wanderung ein weit befriedigenderes Erlebnis – die Lauferei hat also durchaus auch Vorteile.

 

 

 

 

 

28. August: Monterey - San Francisco (200km)

 

 

Die heutige Etappe war eigentlich ein Katzensprung. Aber so einfach machten sie es mir dann doch nicht. Monterey liegt nämlich fernab jeglicher nationaler Buslinien. So war ich gezwungen, erst wieder nach Salinas zurückzukehren, um dort den einzigen täglichen Greyhound nach San Francisco zu erwischen. Nur war der leider vier Stunden verspätet.

 

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Hätte ich das gewusst, hätte ich in Monterey noch auf fotografische Seehundjagd gehen können, doch nun durfte ich eine gefühlte Ewigkeit in diesem Nest rumkriegen, von dem ich keine einzige Sehenswürdigkeit kannte. Anstatt mich schwer bepackt auf die Suche zu machen, tat ich es dem durchschnittlichen Greyhound-Passagier gleich, legte mich mit Sack und Pack auf den Bordstein und döste mehrere Stunden vor mich hin.

 

 

 

Just vor dem Sonnenuntergang traf ich in San Francisco ein – und konnte auf dem Weg zu meiner Jugendherberge gleich noch die Transamerica Pyramid auf den Chip bannen.

 

 

29. August: San Francisco

 

 

Improvisiertes Sightseeing in Frisco:

 

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Als ich morgens früh im Bett liegend die Webcams konsultierte (Fenster hatte es im Schlafsäälchen nämlich keine), stellte ich mit Schrecken und Freude gleichzeitig fest, dass die Stadt nicht wie erwartet in dichten Morgennebel gehüllt war, sondern im strahlenden Sonnenschein badete. Also nichts wie raus aus den Federn und ab auf die Piste.

 

Auf einen schönen Morgen war ich nicht vorbereitet und irrte daher ziemlich ziellos durch die Strassen. Schliesslich entschied ich mich für einen Besuch des Coit Towers, um einen ersten Überblick über die Stadt zu gewinnen. Vom Turm aus erspähte ich auch gleich ein nächstes Ziel:

 

 

Die Lombard Street war nur wenige Häuserblocks entfernt.

 

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Na gut, diese Strasse durchquert ja ganz San Francisco - aber die Rede ist natürlich vom kurvigen Abschnitt, welcher sich mitten durch ein üppiges Blumenbeet windet und den die Italiener offenbar am liebsten kontinuierlich hupend zurücklegen. Auch sonst war's mit der Ruhe nicht weit her: Neben dem nie abebbenden Autostrom abwärts (und einigen uninformierten Seelen in Mietautos, welche die Einbahnstrasse verbotenerweise hinaufzufahren versuchten) war auch bereits wieder halb Europa auf den Beinen und ein Durchkommen auf den Gehsteig-Treppen links und rechts der Strasse nur schwer möglich.

 

 

 

Am oberen Ende angekommen bot sich netterweise noch eine schöne Aussicht hinunter auf Meer und Alcatraz als Zugabe.

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Natürlich gab ich mich damit nicht zufrieden, sondern musste auch ein Cable Car auf dem Bild haben. Leichter gesagt als getan. Erstens fahren diese Dinger in höchst unregelmässigen Abständen und bestenfalls alle zehn Minuten, zweitens stand immer im dümmsten Moment irgendetwas im Weg: Ein Auto auf der Kreuzung zum Beispiel, oder gerne auch eine Traube Chinesen. Eine geschlagene Stunde benötigte ich schliesslich für das Bild.

 

 

 

Nächster Halt: Alamo Park. Eine bunte Zeile niedlicher viktorianischer Häuschen, dahinter erheben sich die höchsten Exponate der Skyline.

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War dann nicht ganz der Geheimtipp, zu dessen Auffinden ich mir innerlich schon auf die Schulter geklopft hatte, sondern vielmehr ziemlich überlaufen - auch von chinesischen Reisegruppen mit dutzenden Fotostativen natürlich, die sich rücksichtslos und laut schnatternd direkt vor meiner Nase niederliessen.

 

 

 

Nun war ich am Ende des ohnehin improvisierten Tagesprogramms angekommen, hatte aber immer noch zwei Stunden Sonnenlicht übrig. Ein weiterer Blick auf die Webcam verriet, dass der zwischenzeitlich aufgekommene Nebel netterweise wieder von der Golden Gate-Bridge abgelassen hatte. Mein iPhone spuckte mir zu meiner Verwunderung sogar eine Busverbindung zu einem wunderschönen Aussichtspunkt am anderen Ufer aus.

 

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Was es nicht wusste war, dass dort gerade gebaut wurde und der Bus stattdessen eine Stunde lang auf engen Feldwegen durch die Marine Headlands rumpelte, die gottverlassene Landschaft am fernen Ende der Brücke.

 

Ganz abgeschlossen hatte ich mit der Golden Gate Bridge aber doch noch nicht. Leider sass ich im letzten Bus und konnte nicht aussteigen, ohne die Nacht irgendwo auf einem Acker verbringen zu müssen. Sobald wir aber wieder auf 'meiner' Seite waren, begab ich mich zu einem leicht erhöhten Aussichtspunkt. Allerdings musste ich das Intermezzo ziemlich schnell beenden – mit Jeans und T-Shirt war ich bei elf Grad Celsius und einem bissigen Wind nämlich hoffnungslos underdressed. Das soll Kalifornien sein? Irgendwie werd' ich das Gefühl nicht los, da liege eine Bucht weiter eine Eisbergfamilie vor Anker!

 

 

 

 

 

30. August: Biking the Bridge

 

 

 

Der heutige Tag stand ganz im Zeichen der 2,7 Kilometer langen Golden Gate Bridge, welcher ich der Küste entlang entgegenschlenderte.

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Schon hier surrten hunderte Touristen auf Fahrrädern an mir vorbei. Eigentlich hatte ich das ja auch geplant - aber da ich nach meinen Wanderferien so gut eingelaufen war, reuten mich die 30 Dollar für einen Drahtesel. Als ich eine halbe Stunde später aber an einem kleinen Veloverleih vorbeikam, konnte ich nicht mehr widerstehen und schlug zu. Immerhin: Die Preise waren hier signifikant tiefer als bei den Händlern auf der Touristenmeile.

 

 

Los ging die Tour, so schnell das trotz peitschendem Gegenwind halt möglich war. Doch den Vorsatz, ohne Zwischenstopp ans andere Ufer zu brausen, musste ich bald aufgeben - ich passierte lange Strände, die mit einem perfekten Brückenblick überraschten.

 

 

Dann stand endlich das Herzstück an, die Überquerung der ockerroten Ikone. Ein schmaler Seitenstreifen ist für Fussgänger und Radfahrer reserviert, und wie man sich vorstellen kann, kommt da einiges an Verkehr zusammen.

 

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Man trampelte und fuhr sich gegenseitig auf den Füssen herum, bisweilen war gar kein Durchkommen mehr. Slalom um und durch Chinesengruppen, mit weitem Abstand an den wehenden Tüchern der Inderinnen vorbei (die vertrügen sich mit Ketten und Speichen nicht ganz so gut), und immer Ausschau halten nach den verrückten, überdrehten Japanermädels, die gerne ohne Vorwarnung mitten in die Fahrbahn hüpften. Zeit, die phänomenale Aussicht zu geniessen, hatte ich dagegen kaum.

 

 

 

 

Kurzer Abstecher zu der Seehund-Meute am Pier 39.

 

 

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Als ich in die Herberge zurückkam, hörte ich aus meinem Rucksack ein Wimmern. Huch, was hatte ich denn da angeschleppt? Es war mein Stativ, das sich nach langer Untätigkeit etwas vernachlässigt vorkam und nach einem Einsatz dürstete. Bei diesem Nebel war das zwar kein grosses Vergnügen, aber was tut man nicht alles, um sein Equipment bei Laune zu halten. So schlurfte ich noch zwei Stunden lang durch die Nacht, ohne dass sich was wirklich Herzeigbares ergeben hätte. Immerhin die letzte Bildidee funktionierte dann so etwas wie:

 

 

Erkerchen mit Blick auf die eingenebelten – eben – Wolkenkratzer von Downtown.

 

 

 

 

 

31. August: San Francisco - Fort Bragg (310km)

 

 

 

Über die eingenebelte Brücke verliess ich San Francisco nach Norden. Einmal umsteigen im beschaulichen Santa Rosa, dann eine Fahrt durch den dichten Redwood Forest, und schon war ich im Dörfchen Fort Bragg direkt an der Küste.

 

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In der kleinen Pension Atrium erwartete man mich schon, und nach einem sehr warmen Empfang bezog ich mein kitschig-liebliches, komplett in Crèmefarben gehaltenes Zimmerchen mit dem überaus treffenden Namen Buttercup so behutsam als möglich, um mit meinen dreckigen Schuhen und kohlebepuderten Hosen keinen allzu grossen Schaden anzurichten.

 

 

 

 

Mein Abendspaziergang ans Meer führte mich wider erwarten nicht an einen Sandstrand, sondern zu einer so atemberaubend wunderschönen Klippenlandschaft, als wäre sie einem Millionengemälde entstiegen. Komplett mit einem Hauch von Dunst, der für eine leicht mystische Stimmung sorgte.

 

 

Die Einheimischen konnten dann während einer Stunde einen Verrückten beobachten, der mit Stativ und vor Sand stiebenden Turnschuhen wie von der Tarantel gestochen über die Felsen sauste, um auch ja alle Blickwinkel einzufangen, bevor die Sonne Feierabend machte.

In den kurzen Verschnaufpausen genoss ich die Aussicht auf die eindrücklichen, zerklüfteten Landschaften und die meterhohen Wellen, die majestätisch vom Horizont her antanzten und sich kraftvoll gegen die Felsen warfen.

 

 

Für den Sonnenuntergang musste ich mich von den Klippen hinunter wagen und mich auf einem riesigen, frisch angespülten Algenhaufen postieren. Zum Glück für die Leserschaft lässt sich der Geruch nicht mitdrucken!

 

 

Auch nach Sonnenuntergang war’s traumhaft

 

 

 

 

1. September: Fort Bragg - Willits - Arcata (300km)

 

 

Der eigentliche Grund für den Abstecher ins beschauliche Küstenörtchen Fort Bragg waren nicht die Klippen, sondern seine alte, laute Hauptattraktion: Der Skunk Train, eine Dampfeisenbahn. Diese fährt von Fort Bragg aus täglich vier Stunden mitten durch den Wald in ein Städtchen namens Willits, was einem einen bequemen sowie bären- und pumasicheren Blick auf die Redwoods erlaubt.

 

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Erst wurde ich in meinem B&B von den Gastgebern frühstückstechnisch noch so richtig gemästet. Die konnten auch nach einer Kappe Schlaf noch immer nicht begreifen, dass ich a) überhaupt auf die Idee gekommen war, die USA per Bus zu durchqueren und nun b) auch leibhaftig vor ihnen stand und das Abenteuer offensichtlich überlebt haben musste. Dementsprechend wurde ich auch begeistert von Tisch zu Tisch rumgereicht und angepriesen wie ein Tanzbär. Den verwunderten Gesichtsausdrücken der jeweiligen Rentnertrüppchen nach zu urteilen, wurde ich in die Schublade der bewundernswert Mutigen, aber doch etwas Verrückten eingeordnet. Irgendwo zwischen Everest-Bezwinger und Raubtierdompteur etwa.

 

 

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Als ich die Pension eingepfercht zwischen meinen zwei massigen Rucksäcken verliess, hätte ich schwören können, ich hätte da hinter den Vorhängen ein paar verwunderte Greisenköpfe hervorlugen und mir nachstarren sehen. Ja, liebe Leute, das war kein Geist. Ein Geist hätte auch kaum einen Teller Käse-Schinken-Quiche zum Frühstück verputzt.

 

 

Die 87-jährige Lok stand schon fauchend und zischend im Bahnhof.

 

 

Kaum war ich an Bord, setzte sich der Tross in Bewegung und ich wechselte auf den offenen Aussichtswaggon (was für eine nette Erfindung!).

 

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Kurz später kam auch noch so ein Clown in Uniform und Mütze angehampelt und stellte sich als Zug-Sänger vor. Sofort stimmte der Muntermacher vom Dienst dann mit Gitarre, Mundharmonika und rauer Stimme bewaffnet ein Lied nach dem anderen an und hüpfte dazu trotz seines hohen Alters mit den begeisterten Kindern tanzend im Kreis. Die Masse stimmte enthusiastisch mit ein und so ratterten wir fröhlich trällernd in den Wald hinein.

 

Ein Video dieses Unikats gibt’s übrigens hier: [url]http://www.youtube.com/watch?v=jM-Qiv_rzpY#t=0m45s[/url]

 

Die mächtigen Redwoods liessen auch nicht lange auf sich warten, immer mal wieder stand so ein Gigant am Schienenrand und reduzierte unseren Zug im Nu zur Modelleisenbahn. Neben der schieren Grösse war auch das Alter der Bäume eindrücklich: 800 bis 1'000 Jahre. Die Dinger standen also bereits ein halbes Jahrtausend, als Kollege Kolumbus um die Ecke gepaddelt kam!

 

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Abgesehen davon war's dann halt einfach nur und nichts mehr als eine Fahrt durch den Wald. Es bedurfte einiger Anstrengung und Bewunderung für die Redwoods, die Dampflock sowie der kräftigen Unterstützung durch den uniformierten Animateur, dass ich mich dem Einschlafen erwehren und dem Reislein ganz knapp noch einen unterhaltsamen Gesamteindruck abgewinnen konnte.

 

 

 

 

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Nach der Ankunft in Willits durfte ich sechs Stunden auf den einzigen Greyhound des Tages warten – immerhin bot McDonald’s Speis, Trank und gratis Internet. Die dreistündige, nächtliche Fahrt nordwärts nach Arcata verbrachte ich neben einer rüstigen Rentnerin, die viel über die spärlich bewohnte Region und speziell die zahlreichen Hanfanbaugebiete zu erzählen wusste. Die Dame aus Arcata musste sage und schreibe zweimal fünf Stunden Busfahrt und eine Hotelübernachtung auf sich nehmen, nur um zum nächsten Onkologen zu gelangen. Das klang mehr nach Kambodscha als nach Kalifornien.

 

 

 

 

 

2. September: Arcata - Coos Bay (350km)

 

 

Heute arbeitete ich mich mit den lokalen Busunternehmen die Küste hoch, was leider kaum ein Vergnügen bedeutete und auch keine Fotos abwarf. Dafür eine Indianergeschichte.

 

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Nachdem wir in grossen Bögen der schönen Küste entlang gefegt waren, kamen wir in ein beschauliches Nest namens Klamath und steuerten eine Wohnwagensiedlung an.

 

Sehr umsichtig, dass die sogar Camping-Plätze bedienen! Falsch gedacht. Die zusteigende Horde bestand nämlich nicht aus weiss besockten, sandalisierten kanadischen Rentnern, sondern aus einem knappen Dutzend Indianern. Ja, richtig gelesen. Die galoppieren nicht nur durch die staubige Prärie, sondern leben auch hier an der Westküste und flechten Körbe aus Redwood-Holz. Yurok heissen sie und zählen knapp 4'000 Mitglieder, von denen übrigens 80 Prozent unter der Armutsgrenze leben. Mir wurde die zweifelhafte Ehre zuteil, neben „riesiger stinkender Büffel mit monumentaler Klappe“, oder so ähnlich, zu sitzen, respektive erdrückt und komplett vollgelabert zu werden.

 

Indianer hausen also in Wohnwagen, fahren mit dem Bus zum Supermarkt, tragen mit Vorliebe Harley Davidson T-Shirts, betreiben eine Stammes-Webseite voller Grammatikfehler und führen schon morgens um 11 eine umwerfende Alkoholfahne spazieren. Klatsch, da segelte eine weitere naive Kindheitsvorstellung den Bach runter.

 

Mit ruhigem Indianer-Charme hatte das dauernde laute Gegröhl, das offenbar das Lieblingsritual des Stammes darstellte, nicht allzu viel gemeinsam. So war ich froh, als die Meute in der nächsten Stadt wieder ausstieg.

 

Nach vier Stunden passierte ich die Staatsgrenze. Oregon begrüsste mich so, wie sich Kalifornien verabschiedet hatte: Mal ging's durch einen weitläufigen Nadelwald, kurz darauf wieder über Felsklippen, nur um erneut in einen Abschnitt gigantischer Redwoods einzutauchen.

 

Ein Genuss wäre das gewesen, hätte ich bloss Ohropax mitgeführt. Ein einzelner Indianer blieb nämlich sitzen, hatte die gleiche Destination wie ich, und ich ihn somit sieben Stunden lang am Hals. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen, hätte ich nicht ausgerechnet „Betörende Fahne mit losem Kiefer“ erwischt.

Ich machte mir nen Spass daraus, seine längste Ruhephase zu messen: 48 Sekunden. Sonst stetiges Dauergeplapper. Auch das wäre zu verkraften gewesen, hätte er wenigstens seit Generationen überlieferte, lehrreiche Indianerfabeln zum Besten zu geben gewusst. Aber nein, er lallte bloss sinnlosen Stuss, von dem ich auch nach sieben Stunden Zwangs-Zuhören noch nicht überzeugt war, dass man das überhaupt als Englisch bezeichnen durfte. Offenbar war der Wortschwall aber an mich, den Schweizer, adressiert, denn alle zwei Minuten begann ein Satz mit hey Swizzlän!

 

 

So kam ich schliesslich ziemlich erschöpft und gerädert im kleinen Seemannsnest Coos Bay an, welches zu allem Übel auch nicht das erwartete charmante Küstendörflein war, sondern vielmehr ein kühler, anonymer Industriehafen.

 

 

 

3. September: Sandspass in den Oregon Dunes

 

 

Kurzer Rundgang durch die charakterlose Ansammlung Häuser, welche offenbar die Flaniermeile Coos Bays darstellen sollte. Das einziges Highlight war die Entdeckung eines Schneehaufens. Zugegeben, der lag im Hinterhof einer Eiswürfelfabrik. Diese stand mitten im Dorfzentrum, was wiederum bezeichnend für die Attraktivität desselben war.

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Immerhin bietet mir das die lang ersehnte Gelegenheit, mich kurz aber heftig über die gestörte Eissucht der Amis auszulassen. Ohne Eis geht hier gar nichts. Wo immer man sich gerade befindet, irgendwo im Umkreis von 20 Metern rattert es stets eigentümlich, weil mal wieder jemand eine Eismaschine um die halbe Arktis erleichtert und sein Getränk unter einer solch dicken Eisschicht begräbt, dass selbst der Aletschgletschter Minderwertigkeitskomplexe bekommt. Bei diesem übertriebenen Eisfanatismus bin ich überzeugt, dass die Amis selbst in heisse Suppen noch einen halben Winterwald reinschütten. Was das ganze Eis bringt, wenn das Getränk eh binnen zwei Minuten runtergebechert wird und – wie hier in Coos Bay – draussen Pulliwetter herrscht, bleibt mir ein Rätsel.

 

 

Zeit für Coos Bays einzige Attraktion, wegen welcher ich mir überhaupt einen vollen Tag in diesem Nest angetan hatte: Die Oregon Dunes National Recreational Area, eine - aha! - Dünenlandschaft. Das sind nun nicht einfach ein paar einsame verirrte Sandhaufen, die auf dem Weg zu einer Strandparty in der Sahara falsch abgebogen sind, sondern ein wüstenähnliches Band von 70 Kilometern Länge, welches die grössten Dünen der USA beherbergt.

 

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Jeans und löchrige Turnschuhe sind für Wanderungen auf Sand in etwa so angemessen wie Sandalen am Mount Everest. Beige auf grau war nicht wirklich das höchste aller fotografischen Gefühle, aber als weiteres Beispiel der unglaublichen Landschaftsvielfalt der USA taugten die Dünen trotzdem.

 

Derweil röhrte und ratterte aus allen Richtungen. Keine Eismaschine diesmal. Nein, die spassverliebten Amis hatten natürlich schnell erkannt, was man mit dem vielen Sand alles anstellen kann. Und so flitzte mir vom Offroad-Opa bis zum draufgängerischen Dreikäsehoch halb Amerika in Geländebuggies und Quads um die Ohren. Auf und ab über die Dünen schlitternd, durch Flüsse pflügend und über Kreten hüpfend, verwandelten sie die Miniwüste in einen riesigen Abenteuerspielplatz.

Das sah nach extrem viel (und endlich mal garantiert bärenfreiem!) Spass aus. Irgendwann komme ich zurück und brettere auch durch den Sandkasten, garantiert!

 

 

 

 

 

4. September: Coos Bay - Bend (410km)

 

 

Sehr früh morgens in Coos Bay, man sah kaum die Hand vor Augen. Ich kämpfte mich murrend und frierend zum höchsten Gebäude der Stadt durch, an dessen Fuss die Busstation liegen sollte.

 

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In einem ansonsten leeren Korridor fand ich ein kleines, verrauchtes Bürolein. Hinter dem Schalter kauerte eine 85-jährige Oma, deren Augen so früh morgens erschreckend viel kleiner waren als meine - und das will was heissen.

 

Immerhin bekam ich mein (handschriftlich ausgestelltes) Ticket, doch die Bus-Oma schaffte es sogar bei der Aussprache meiner einsilbigen Destination „Bend“, so ziemlich alle Vokale des Alphabets in das arme kurze Wort reinzupacken und zu klingen wie ein heiserer Bär im Stimmbruch ("Biiieeaaaooouuurrrrrrnnnd").

 

 

Blog-Ausschnitt:
Kaum waren wir fertig, kam ein Mann selben Alters mit glücklicherweise grösseren Augen aus dem Hinterzimmer geschlurft. Küsschen auf die Wange (nicht von mir!) und er schlurfte lethargisch weiter zum Bus. Aha, der Fahrer. Seniorenpärchen betreibt Buslinie. Wie niedlich.

 

 

Vier kurvenreiche Stunden später: Wir stiegen immer höher, schlichen über eine Passhöhe, und da thronte doch gleich vor uns tatsächlich ein Vulkan. Ich hätte dem armen alten Fahrer beinahe die Kamera an den Schädel geworfen, so schnell zückte ich sie.

 

 

Von nun an war's eine einzige Kür, denn es kamen immer mehr der perfekt geformten Steinkegel zum Vorschein, die zu meiner grossen Überraschung auch schon mit Schnee überzuckert waren. Die letzten Kilometer fuhren wir einem Vulkantrio namens Three Sisters entlang, welches äusserst fotogen dem flachen Weideland entwuchs und bis auf 3'000 Meter emporragte. Voilà, die nächste landschaftliche Überraschung made in USA!

 

 

Ankunft in Bend, als Bushaltestelle fungiert eine Bowlingbahn. Immerhin lagerten die gerne mein Gepäck zwischen, sodass ich gleich noch ne kleine Wanderung einbauen konnte. Unweit entfernt liegt nämlich "Pilot Butte", ein weiteres Vulkänlein von 150 Metern Höhe und ein perfekter Aussichtspunkt in der ansonsten flachen Stadt. Alle Berge im Hintergrund sind ebenfalls vulkanischen Ursprungs!

 

 

 

5. September: Bend - Portland (290km)

 

 

Ein Tag zum Vergessen. Die Fotoideen wären ja da gewesen, aber das eine Mal stellte sich Petrus quer und vermasselte meinen so schön geplanten Vulkanschuss, die anderen drei Male verstellten übermässig hohe Baumreihen die Aussicht der Aussichtspunkte rund um Portland.

 

 

 

6. September: Portland - Seattle (300km)

 

 

Keep Portland weird - so der Leitspruch, der überall an Stossstangen, Shop-Türen und dergleichen auf Stickern prangt. Portland hat den Ruf als verrückteste Stadt der USA und ist auch ganz schön stolz drauf.

Die ersten Zeugen der Portland'schen Verrücktheit zeigten sich gleich zwei Strassen von meiner Jugendherberge entfernt: Vier Häuschen in den schrillsten Farbtönen, zu denen man einen Regenbogen je zwingen könnte.

 

 

Aha, und hier wohnt man in einer ehemaligen Konditorei – oder doch einer Fleischfabrik?

 

 

Ziel meines Stadtbummels war der Pioneer Square. Der verrückte Menschenauflauf hier machte den Anschein, als wären die Insassen mindestens dreier Irrenanstalten gleichzeitig ausgebrochen und als erstes auf einen Kostümverleih losgestürmt.

 

Blog-Ausschnitt:
Da konnte man sich nur noch hinsetzen, mit erstauntem Entsetzen den Blick durch die Masse schweifen lassen und alle paar Sekunden ungläubig den Kopf schütteln: Dort der Typ im Robin Hood-Outfit – unter dem Mantel schaute tatsächlich ein buschiger Fuchsschwanz hervor –, daneben Miss Molly im grellen blauen Kleid mit undefinierbar grässlichem Kopfschmuck. Zu den beiden gesellte sich bald auch eine kesse Sensemännin im hautengen Lederoutfit, die einen knallgelben Motorradhelm auf dem Kopf trug.

 

Man würde echt denken, das sei eine Demonstration für Leute mit mindestens einem ganzen Turnfest an Sprüngen in der Schüssel. Aber nein, diese abgedrehten Gestalten trifft man hier an jeder Strassenecke. Keine Ahnung, was genau die antreibt. Wahrscheinlich hockt irgendein durchgeknallter texanischer Rentner auf dem städtischen Wasserturm und kippt mit einem breiten, hämischen Grinsen und irrem Kichern weiss ich was da rein. Aber Spass zum Zuschauen machte es alleweil...

 

 

 

Doch ich musste los, der Greyhound wartet nicht. Es war Labor Day, ein Feiertag. Das Terminal war wie ausgestorben, kaum eine Menschenseele in Sicht.

Blog-Ausschnitt:
Nur hinter dem Ticketschalter sass ein mürrischer älterer Herr und drückte mir einen verknitterten Fahrschein in die Hand. Wenig später bog der Bus aus Süden kommend in seinen Parkplatz ein, eine multikulturelle Ameisenarmada ergoss sich aus der Türe und fiel mit bemerkenswertem Krach über Toiletten, Snackautomaten und das dreckige Fastfood-Restaurant im Terminal her.

 

Zehn Minuten später war die Pause vorbei, die Meute verschob sich wieder in den Bus und ich durfte zusteigen. Ein tätowiertes Kampfweib bugsierte sich hinters Steuer, lenkte das tonnenschwere Gefährt behutsam aus dem Busbahnhof und auf die regennasse Autobahn.

 

 

Meine letzte Greyhoundfahrt verlief ohne besondere Vorkommnisse, ich konnte das Erlebnis geniessen und die Gedanken schweifen lassen. Nach vier Stunden sah ich zum letzten Mal eine Skyline aus dem Nichts auftauchen und fuhr wenig später voller freudiger Erwartungen in einem weiteren kleinen, dunklen, lauten und dreckigen Terminal ein. Welcome to Seattle stand auf dem Schild am Eingang.

 

 

 

7. September: Seattle

 

 

Den Tag verbrachte ich am Boeing Airfield, mit der (erfolglosen) Warterei auf aviatische Leckerbissen.

 

Für den Abend hatte ich mir noch was ausgedacht, denn es dürstete mich nach langer Abstinenz wieder nach einem Skyline-Bild.

Blog-Ausschnitt:
Dafür bot sich eine winzige Grünfläche in einem noblen Wohnquartier an. Kerry Park bot zwar kaum Platz für all die Touristen und Fotografen, aber dafür einen prächtigen Blick auf Downtown Seattle und die charakteristische Space Needle, das auf ein Stativ gepappte UFO.

 

So gelang mir endlich wieder einmal ein Foto, das die vier Franken fürs Busticket, die zwei Stunden Busfahrt durch endlose Strassenschluchten und das einstündige Schlottern im Park mehr als wettmachte und mir ziemlich gefällt. Wurde auch Zeit...!

 

 

 

 

 

8. September: Seattle

 

 

Schon wieder Spotting, und beinahe hätte es einen weiteren Reinfall gegeben. Es sah nämlich sehr lange nach ungemein düsterer Schreibstimmung aus, farblich visualisiert irgendwo zwischen pechschwarz und dunklem Nebelgrau. Doch Punkt 17:37 stolperte Fortuna mit lautem Krach über die Farbeimer und der Tag nahm eine drastische Wende. Mehr dazu dann im Spotterbericht…aber immerhin mal soviel :)

 

 

 

 

9. September: Seattle

 

 

 

Ich hatte mir das Sightseeing auf diesen letzten Tag aufgespart, und obwohl das Wetter nicht viel besser war als zuvor, musste ich da jetzt durch.

 

Blog-Ausschnitt:
Kurzer Morgenspaziergang entlang der Uferpromenade, welche eigentlich ganz chic wäre, hätte nicht ein offensichtlich blinder Stadtplaner direkt dahinter eine erhöhte Autobahn hingepflanzt. Diese bringt es fertig, die Promenadenidylle gleich dreifach zu zerstören: Sie ist laut, stinkt und macht zudem auch jeden Ansatz eines Skyline-Bildes zunichte. Absolute Fehlplanung.

 

 

 

Blog-Ausschnitt:
Weiter ging's zum Pike Place Market, einem ultra-touristischen Tagesmarkt, wo von Agrarprodukten über frischen Fisch bis zu Touristenkitsch alles feilgeboten wird und sich diverse Restaurants und Souvenirläden tummeln. Wenn man gern dicht aneinandergeschmiegt mit halb Europa im Schneckentempo durch enge dunkle Gänge wandert, findet man hier seine Attraktion des Tages.

 

 

Ich brauchte mehr Freiheit, und genau die versprach mein Date um 15 Uhr. Mein Date war ein Otter. Ein DeHavilland Otter!

 

Kaum waren wir vom Holzsteg weggetuckert, gaben die Piloten Vollgas und nach wenigen Metern oder Wellen erhoben wir uns in die Luft. Ein tolles Gefühl!

Mein Highlight folgte kurz später, als wir endlich über den Frachthafen flogen und aufs Meer hinaus drehten. Von hier aus hatte man einen traumhaften Blick auf die Skyline von Seattle. Zu meiner Freude rauschten wir insgesamt dreimal der Promenade entlang - gut, allzu viel andere Sehenswürdigkeiten hätte es eh nicht mehr gegeben, und der Klickkadenz in der Kabine nach zu urteilen wollten die Leute ohnehin nur dieses eine Bild haben.

 

 

Als dann das Rattern und Piepsen der Kameras langsam wieder abebbte, wurde der kurze Sinkflug eingeleitet und die Basis auf dem 'Lake Union' im Norden der Stadt angesteuert. Der erfahrene Pilot balancierte den Otter eine halbe Ewigkeit lang gefühlte zehn Zentimeter über der Wasseroberfläche und setzte daraufhin derart warmebutterweich auf, dass nur die hochspritzende Gischt überhaupt unseren Kontakt mit dem Wasser verriet.

 

 

Dann tat ich, was man bei trübem Wetter halt so tut - ich verzog mich in eine Fischbude, liess es mir schmecken und wartete, bis die Nacht hereinbrach. Als es dunkel genug war, hüpfte ich auf einen weiteren Bus und liess mich zu einer Autobahnbrücke vor den Toren der Stadt kutschieren.

Dort offenbarte sich eine phänomenale Aussicht auf das Geschäftsviertel, während die Lichtspuren des nie versiegenden Autobahnverkehrs für eine tolle Bilddynamik sorgten.

 

Blog-Ausschnitt:
Der Fotostandort war etwas tricky, versetzte doch der permanente Autoverkehr meine Brücke in arge Schwingungen und ruinierte damit meine Fotos.

 

Am Ende blieb ich so lange da oben, dass ich mir für den Rückweg ein neues Busticket kaufen musste - mehr als 90 Minuten also. Immerhin, ich konnte eine volle Dosis Wolkenkratzer, hell beleuchtete Skyline und nimmer endenden Autobahnverkehr reinziehen. Ein passender Abschied von den grossen US-Metropolen – Seattle war nämlich die letzte.

 

 

 

 

 

 

10. September: Seattle - Junau mit Alaska Airlines

 

 

Heute begann die einwöchige Kür: Alaska! Den Flugbericht habe ich ja bereits im Forum gezeigt, darum geht’s gleich in meiner ersten Station weiter: Juneau, die 31‘000 Einwohner zählende Hauptstadt des Bundesstaates!

 

Eine Attraktion der Stadt ist die Seilbahn, welche – ein Schelm, wer Böses denkt – direkt am Kreuzfahrt-Pier liegt. Juneau ist nämlich eine einzige grosse Kreuzfahrthochburg und täglich spucken hier mehrere Luxusdampfer ihre Ladung wetterfester Seeameisen aus.

 

Blog-Ausschnitt:
Die wuseln dann durch die zwei Dutzend Shops am Ufer und eben auf die Seilbahn. Offenbar sind sie gerne bereit, sich den Spass ordentlich was kosten zu lassen: Mit unerhörten 27 Franken (!) schlug die Fahrt nämlich zu Buche. Das schlimmste: Sie kriegten mich auch noch rum und ich zog mir die nette-aber-nicht-mehr Aussicht auf Städtchen und Kanal im Gegenlicht rein.

 

 

 

Die andere grosse Attraktion Juneaus ist der Mendenhall Glacier, ein beachtliches Eisfeld, welches vor den Toren der Stadt vor sich hin schmilzt.

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Auch dort werden die Kreuzfahrt-Ameisen zu Hunderten hingescheffelt - für 14 Dollar ist man dabei. Hier lohnte sich der Obolus schon eher: Ich sprang auf den letzten Bus des Tages und hatte die Aussicht fast für mich alleine. Just da kroch auch noch die Abendsonne hinter den Wolken hervor und tauchte Eis und herbstfarbene Bäume in wunderschönes, warmes Licht. Alaska von seiner attraktivsten Seite!

 

 

 

 

 

11. September: Juneau - Anchorage mit Alaska Airlines

 

 

Heute stand der zweite Teil der atemberaubenden Flugroute an.

Aber damit war auch heute noch lange nicht Feierabend. Nach der Landung checkte ich sofort in meinem Hotel ein, auf das ich schon seit Monaten hingefiebert hatte: Das Lake Hood Inn. Anchorage ist nämlich der reinste Aviatik-Himmel. Auf der einen Seite der internationale Airport, wo sich schwere Frachter im Minutentakt die Klinke in die Hand geben. Auf der anderen Seite Lake Hood, die grösste Wasserflieger-Basis der Welt. Mittendrin, mit perfektem Blick auf den See, die geparkten und die mit gehörigem Krach davon röhrenden Flugzeuge, mein Zimmer.

 

 

 

Blog-Ausschnitt:
Eigentlich wären die restlichen drei Stunden des Tages ja ebendiesem Lake Hood gewidmet gewesen. Aber als ich dann in der Ferne einen schweren Stahlvogel nach dem anderen vom 'richtigen' Flughafen aus in die Luft steigen sah, konnte ich nicht mehr länger widerstehen.

 

Mit dem vom netten Innkeeper ausgeliehenen Fahrrad umkreiste ich einmal den halben Airport (was bei dem platten Hinterreifen keinesfalls ein Plauschfährtchen war), begab mich zum Fotopunkt und fand mich im aviatischen Schlaraffenland wieder: Im besten Licht schwang sich vor mir ein Frachter nach dem anderen in die Luft, sodass das Zuschauen und Knipsen eine reine Freude war.

 

 

Sunset auf der Heimfahrt vom Airport

 

 

 

 

 

12. September: Im Spotterhimmel

 

 

Spotting in Anchorage, what else?

Noch eine Anekdote zur Alaskischen Gastfreundschaft.

 

Blog-Ausschnitt:
Danach ging ich noch „kurz“ das Fahrrad pumpen - was einen Ausflug von drei Kilometern pro Weg bedeutete – und fand endlich wieder zu gewohnten Fahrtempi zurück. Doch als ich nach einem kurzen Boxenstopp in meinem Zimmer wieder vor die Tür trat, war das Bike plötzlich weg.

 

So verbrachte ich die nächste Stunde mit dem erfolglosen Abklappern der näheren Umgebung, der türkise Drahtesel blieb unauffindbar. Eigentlich konnte das klapprige alte Gefährt ja nur von einem Blinden erbeutet worden sein, der nach 50 Jahren wieder aus dem Koma aufgewacht war. Und sowieso, wer stiehlt hier schon Fahrräder, wenn sich alle 20 Meter ein Kleinflugzeug anbietet?

Nach einer Stunde gab ich die Suche auf und zog mich zur Entspannung auf meinen Balkon zurück. Als ich nach einer Stunde kurz vor der Türe nachschaute, war das Fahrrad plötzlich wieder da - als wäre nichts geschehen. Ich war Opfer der alaskischen Gastfreundschaft geworden, denn offenbar hatte der Besitzer meines Inns als erstes nach seiner Heimkehr von der Arbeit den Drahtesel geschnappt und ihn seinerseits an der selben Tankstele extra für mich gepumpt.

 

 

 

 

 

 

13. September: Achorage - Healy (410km)

 

 

Gerne wäre ich noch in Anchorage geblieben, doch bereits am frühen Morgen stand ich vor dem Flughafen-Terminal und war bereit für die Abreise – allerdings mit dem Bus, dem Alaska Shuttle.

 

Blog-Ausschnitt:
Standard-Transportmittel wäre ja eigentlich die geschichtsträchtige Bahn gewesen, einst Alaskas Lebensader und heute ausgerüstet mit Panoramafenstern und dem ganzen touristischen Klimbim. Leider hatte die aber genau einen Tag zuvor Saisonende und ich musste auf die Strasse ausweichen.

 

 

 

 

Kaum hatte ich im kleinen, weinroten, mit Alpenglow beschrifteten Minibus Platz genommen, liessen wir Anchorage hinter uns, passierten einige abenteuerlich benannte Weiler wie Trapper Creek und entschwanden dann über kurvenreiche Strassen in die herbstlich geschmückte, farbenprächtige Wildnis.

 

 

Mit dem immer intensiver werdenden Gelb der Laubbäume am Strassenrand war das sowas von schön, dass ich wohl beinahe jede Kurve fotografisch festhielt - und der Kurven gab es da viele!

Blog-Ausschnitt:
Das stete Geklicke missfiel dem älteren Pärchen aus Arrrrchentina in der Sitzreihe hinter mir offenbar sehr: Bei jedem der 163 Strassenbilder war irgendein Getuschel über "el suizo" und seine "muchas fotos" zu hören - aufs Dezibel genau so getrimmt, dass ich es auch ja mitbekommen würde. Wobei, stimmt nicht ganz: Ab etwa Bild Nummer 80 war jeweils nur noch ein leises, nervöses und verzweifeltes Hüsteln zu vernehmen.

 

 

 

Nach sechs Stunden waren die gut 400 kurvenreichen Kilometer dann absolviert und ich wurde beim Denali Park Motel ausserhalb des Örtchens Healy ausgeladen. Dieses liegt am Rande des Denali Nationalparks, so ziemlich mitten im Nirgendwo, wo sich Wolf und Bär gute Nacht jaulen oder sich gegenseitig zerfleischen.

 

Farbenfrohe Aussicht aus meinem Zimmer:

 

 

Nur 15 Minuten zu Fuss entfernt befand sich ein kleiner See namens Otto Lake. Und schon wanderte ich also mal wieder alleine durch die vielfarbige Wildnis, stets auf der Hut vor Grizzlies mit herbstbedingter Torschlusspanik und ziellos umherstaksenden 800-Kilo-Elchen mit Mega-Geweih.

 

Blog-Ausschnitt:
Zwei dieser Riesenviecher (über zwei Meter Schulterhöhe!) hatte ich schon in Anchorage am Strassenrand erspäht, und ich war nicht allzu erpicht darauf, ohne Fahrrad Ziel einer ihrer Hormonschübe zu werden – denn Elche fügen Menschen offenbar mehr Verletzungen zu als Wölfe und Bären zusammen.

 

Allerdings war das einzige, was mich um Haaresbreite niedergestreckt hätte, ein Golfball, der mir plötzlich entgegen gezischt kam. Ein Golfplatz mitten in der Wildnis, da konnte auch der See nicht mehr weit sein.

 

 

Otto Lake war die Expedition tatsächlich tausendmal wert: Im tiefblauen Wasser spiegelten sich die umliegenden, majestätischen Berge und das Ufer wurde von einer Reihe knallig gelber Bäume gesäumt. Absolut traumhaft!

 

 

 

 

14. September: Im Schulbus auf Bärenjagd

 

 

 

Heute war Safari angesagt. Alaska ist nämlich nicht nur für seine wunderschönen Landschaften berühmt, sondern auch für den Reichtum an zahlreichen Wildtieren. Im Denali Nationalpark kriegt man beides.

 

Blog-Ausschnitt:
In alten Schulbussen (und auf entsprechend harten Sitzbänken) fährt man auf einer schmalen Schotterstrasse in den Park hinein. Ziel des Rundkurses war ein idyllischer See namens Wonder Lake. Aber eigentlich war die Fahrt das Ziel – und diese war zweimal 135 Kilometer lang, äusserst holprig und dauerte unglaubliche elf Stunden.

 

 

 

Die ersten zwei Stunden tat sich Wildlife-mässig genau gar nichts, und ich Ungeduldiger begann bereits an der 95-prozentigen Bärensichtungs-Garantie zu zweifeln. Immerhin war die Landschaft ziemlich schön; der Weg führte über weite Tundrafelder und durch ein Meer aus roten Büschen, während sich im Hintergrund majestätisch die schneebedeckten Berge der Alaska Range erhoben.

 

 

In ihrem Zentrum: Denali, der höchste Berg Amerikas – 6‘194 Meter hoch!

 

Blog-Ausschnitt:
Denali heisst in der Sprache der Eingeborenen "der Grosse", und genau das ist er auch: Der Hühne misst 6'194 Meter und ist damit der höchste Berg der gesamten USA. Er ist derart exponiert, dass er fast immer die Wolken um sich schart und sich nur etwa jedem fünften Besucher gänzlich offenbart. Ich Glückspilz war einer davon - schneebedeckt thronte der Riese fotogen über der Herbstlandschaft.

 

 

 

Wir näherten uns einer der vielen Brücken, als der Fahrer abrupt stoppte. Tatsächlich: Zwanzig Meter vor uns hockte ein hellbraunes Fellknäuel, welches uns zwar den Rücken zuwandte, aber zweifelsfrei als Bär identifiziert werden konnte.

 

 

Kurz trampelte es ausser Sicht, tauchte jedoch daraufhin im Flussbett wieder auf und hatte nun zwei weitere, kleinere Kumpanen im Schlepptau. In den nächsten Minuten konnten wir fasziniert beobachten, wie Mama Bär und ihre zwei Jungen vergnügt und ungestört im Wasser herumtollten. Ausgesprochen eindrücklich!

 

 

 

 

Blog-Ausschnitt:
Die nächsten zwei Stunden verliefen ereignisarm. Für Aufregung sorgte bloss die israelische Rentnerin in der Sitzreihe hinter mir, welche die ganze Zeit über alle Kommentare des Busfahrers nachplapperte und dem Geschwätz auch noch ihre skurrilen Überlegungen beimischen musste. Ihr starker israelischer Akzent verschlimmerte die Geschichte beträchtlich, machte er doch den Grizzly Bear zu einem Chhhritzlibäächhhh, welcher laut nach einer Packung Halswehtabletten schrie - oder einem Maulkorb und einer Rolle Klebeband.

 

 

Endlich wurde am nächsten Hügel ein Elch erspäht. Sofort sprang der ganze Bus auf und drängelte sich zu den kleinen Fenstern durch.

 

Blog-Ausschnitt:
Bei jeder Wildlife-Sichtung plapperte Mama Israel trotz Psst-Rufen aller Anwesenden noch tausendmal aufgeregter als sonst schon, und so hatte der Elch dann bald einmal die Nase oder die Ohren voll und zog von dannen. Trotzdem ein imposantes Urvieh, welches mit seiner immensen Grösse wie das letzte Überbleibsel aus der Zeit der Mammuts und Dinosaurier scheint.

 

 

 

Immerhin, nur eine halbe Stunde später ward wieder was gesichtet. Okay, es war nur ein Fuchs und ja, den kann ich auch sehen, wenn ich nachts zuhause auf dem Balkon stehe. Dennoch, der tippelte ziemlich unbekümmert direkt vor, neben und hinter dem Bus durch, was dann glaub' doch auch in der Schweiz nicht üblich ist.

 

Blog-Ausschnitt:
Natürlich konnte sich Mama Israel auch hier eines Dutzends Kommentare nicht erwehren; besonders stach die Frage hervor, wieso wir nicht aussteigen und den Fuchs streicheln könnten sowie der laute Wunsch, sich den buschigen Schwanz für die heimische Mantelkollektion zu sichern. Immerhin wurde das mit 49 hasserfüllten Blicken quittiert, was ich mit Genugtuung zu Kenntnis nahm.

 

 

 

Besser wurde es dann etwas später: Wiederum stoppte der Fahrer binnen Sekunden, denn da kam uns doch wirklich ein Wolf auf der Strasse entgegen getapst. Auch wenn der eher bekifft dreinschaute und den scharfen Wolfsblick wohl aufs Saisonende schon abgelegt hatte, war es doch eindrücklich, wie er keinen Meter von unseren Köpfen entfernt unbeirrt am Bus vorbeihechelte.

 

Et voilà, lupus cannabis:

 

Die restlichen vier Stunden Fahrt zogen sich ziemlich zäh dahin - Mama Israel und den Platzverhältnissen sei Dank. Wir waren schon fast am Ende angelangt, da sahen wir noch etwas durch die Büsche huschen. Zum Vorschein kam nichts Geringeres als ein massiver, dunkler Grizzlybär auf Beerensuche. Was für ein Highlight zum Schluss dieser äusserst anstrengenden, aber lohnenswerten Tour!

 

 

 

 

15. September: Healy - Fairbanks (190km)

 

 

Die allerletzte Etappe meiner Reise stand an, zurück in die Zivilisation, nach Fairbanks. Mit einer Stunde Verspätung trudelte der rote Alaska Shuttle-Bus ein - an Bord diesmal keine genervten Argentinier, und zum guten Glück für mich und alle anderen im Umkreis von 500 Metern auch keine laute Israelitin. Dafür war ein Trio Australierinnen unterwegs, dicht eingepackt in Mützen und Winterjacken. Also sooo kalt war's nun auch wieder nicht.

 

Ankunft im Hotel, direkt am Flughafen und idyllisch am Fluss gelegen.

Da ich noch etwas Zeit hatte, sattelte ich die Kamera und streifte dem Flughafenzaun entlang.

 

Blog-Ausschnitt:
Ich erwartete nichts Grossartiges, mehr so einen Wald- und Wiesen-Platz. Da lag ich ganz schön weit daneben! Ich kippte beinahe aus den Latschen, als vor mir die Silhouette eines Jumbojets auf dem Vorfeld auftauchte. Cathay Pacific stand da, dahinter eine blitzblanke Boeing 777 der China Eastern, eine weitere Boeing 747 donnerte soeben von Dannen. Ich hatte klein Anchorage gefunden!

 

 

Und es wurde noch viiiieeel besser. Aber mehr dazu dann im Spotterbericht :D

 

 

 

 

16. Bye bye USA!

 

Auch der Rückflug hatte das Potential zu einer Traumreise: Der Direktflug von Fairbanks nach Frankfurt bedeutete, dass wir uns sehr weit in den Norden hinauf wagten – bis zum 80. Breitengrad!

 

 

Die endlosen Eiswüsten waren dann in der Tat auch so wunderbar wie erwartet, der beinahe endlose Sonnenunter- und Aufgang sorgte für tolle Stimmung. Schade nur, dass die Fenster ziemlich zerkratzt waren. Trotzdem – ein würdiges Abschlussbild!

 

 

 

 

 

Fazit & Tipps

Die Reiseart

Dieser USA-Trip war die Reise meines Lebens, und ich würde sie nochmals genau gleich absolvieren. Die Greyhound-Busse erlebte ich viel weniger schlecht als ihr Ruf; klar gibt es ab und zu ungemütliche Situationen, aber die gehören dazu und erweitern den Horizont. Ansonsten eigneten sich die Greyhounds perfekt, um zwischen den hektischen Sightseeing-Programmen abzuschalten und wieder runterzukommen.

Fazit zur Reiseart: Es brauchte zwar eine gehörige Planung und Vorbereitung, aber mit etwas Einsatz kann man auch ohne Auto viel der USA sehen. Sicherlich ist man mit dem Auto freier und kann in der gleichen Zeit mehr sehen – ob man allerdings während drei Monaten beinahe täglich weite Strecken fahren möchte, ist die Frage.

 

Das Gesehene

Natürlich kann man während so einem Wirbelwind-Trip nur einen oberflächlichen Einblick in das Besuchte erhalten. Trotzdem erlaube ich mir das Urteil, dass mich viele der Städte nicht in dem Masse begeistern konnten, wie ich das erhoffte. Ich begann den Charakter zu vermissen, der jede europäische Stadt, jedes Dorf einzigartig macht. Enge Gässchen, unterschiedliche Baustile, das organische Wachstum über grosse Zeit, das eine Entwicklung erlaubt.

Die amerikanischen Dörfer und Städte dagegen scheinen vielfach wie auf dem Reissbrett entworfen, und heben sich abgesehen von einer Handvoll besonderer Bauwerke oder Anlagen kaum von der Masse ab. Zudem spielt sich ein Grossteil des Lebens nicht mehr in den Innenstädten ab, sondern in den endlosen, immergleichen Vorstädten.

Metropolen, die mir am besten gefielen: San Francisco, Chicago, New York, New Orleans.

Vielmehr beeindruckten mich da die enorm vielfältigen Landschaften – kaum etwas, das ich während meiner Reise nicht angetroffen habe. Von den Sümpfen, Stränden und Inseln Floridas über die Canyons und Viertausender des Westens bis zu Klippen, Sanddünen und Vulkanen an der Westküste.

 

Ein kleines, oberflächliches, nicht zu ernst zu nehmendes, überaus persönliches Rating :)

 

Generelle Planung

Die Planung begann vor ca. einem Jahr, also rund 6 Monate im Voraus. Mit der Greyhound-Webseite und einem (nun vollgekritzelten) Atlas arbeitete ich das Programm heraus. Kriterium: Möglichst immer „verkraftbare“ Fahrtstrecken um die 6-7h, fotogene Destinationen und möglichst interessante Reiserouten. Nach mehreren Anläufen hatte ich dann ein Reiseprogramm zusammen. Diesem bin ich bis auf wenige Ausnahmen ziemlich treu geblieben!

Ich habe drei "Pufferstationen" mit jeweils 3-4 Tagen Aufenthalt eingebaut, um eine mögliche Verspätung aufs Programm wieder aufholen zu können. Bei mir waren das Miami, Las Vegas und Seattle. Musste davon dann allerdings keinen Gebrauch machen und hatte dementsprechend in diesen Städten viel Zeit - auch zum ausruhen und kompensieren des Schlafmankos *g*

 

Transportmittel

Greyhound-Buspass

Dank des Buspasses konnte ich für einen geringen Preis zwei Monate lang unbeschränkt Bus fahren (im dritten Monat lohnte sich ein Monatspass nicht mehr, da ich viel auf andere Transportmittel auswich). Um für das Geld auch was zu sehen, legte ich die Fahrten immer auf den Tag und übernachtete stets an der Destination. Man könnte also noch weiter sparen, wenn man nachts Bus fährt und gleich dort etwas schläft. Könnte aber auf Dauer etwas anstrengend werden, zumal die Busse voll, die Sitze nicht allzu bequem und die Sitznachbarn vielfach nervig sind ;)

([url]www.discoverypass.com[/url] ; [url]www.greyhound.com[/url] ). Der Buspass ist übrigens auch in Kanada gültig!

Die Busterminals liegen meist in der Innenstadt, wo man als Tourist ja auch hin möchte.

Preis Buspass 60 Tage: 520CHF

Preis Fahrten letzte 30 Tage: 300CHF

 

Alternativen

Meist sind die Greyhounds für Langstrecken die einzigen Busse. Einzig an der Ostküste gibt es einen ziemlichen Konkurrenzkampf mit weiteren Busunternehmen: Bolt Bus, Megabus, GotoBus. Diese sind vielfach weit günstiger und durchaus auch komfortabler; einige besitzen allerdings keine Terminals, sondern gabeln einem am Strassenrand auf. Dann gibt’s auch noch die sogenannten „Chinatown-Busse“: Von Chinesen geführte Unternehmen, die zwischen den Chinatowns der Ostküsten-Metropolen verkehren. Sehr günstig (niedrige Löhne, altes Equipment) und nach dem, was man so hört, für Touristen kaum empfehlenswert.

Als Überblick über alle Fahrpläne empfehlenswert: [url]www.routefriend.com[/url] (oder das gleichnamige iPhone-App).

 

Die Bahngesellschaft Amtrak verbindet ebenfalls die grössten Städte und bietet weit mehr Komfort sowie „gehobeneres“ Publikum als die Busse. Schneller sind die Züge allerdings kaum (ausser an der Ostküste), dafür einiges teurer und vielfach verspätet. [url]www.amtrak.com[/url]

Auch Amtrak bietet Pässe für eine gewisse Zeit an, allerdings teurer als bei Greyhound.

 

Wer sich interessiert: Neben Greyhound benützte ich für Teilstrecken die folgenden Unternehmen – gerade in Nationalparks und kleinere Orte kommt man mit den Greyhounds nämlich nicht. Google führt zu Webseiten und weiteren Informationen

Saint John (CAN) – Bangor: Acadian Bus

Bangor – Maines Küste – Portland – Boston: Concord Coaches

Las Vegas – Zion NP: St. George Express

Zion NP – Bryce NP – Page: Bundu Bus

Page – Monument Valley retour: Bundu Bus

Flagstaff – Grand Canyon retour: Arizona Shuttle

Salinas-Monterey retour: Monterey Salinas Transit (MST)

Monterey-Big Sur retour: Monterey Salinas Transit (MST)

San Francisco – Santa Rosa: Golden Gate Transit

Santa Rosa – Fort Bragg: Mendocino County Transit

Arcata – Smith River: Del Norte County Transit

Smith River – Fort Bragg: Curry County Transit (wartet auf den Anschluss aus Arcata)

Fort Bragg – Bend: Porter Stage Lines (buchbar via Greyhound und Amtrak)

Bend – Portland: Oregon Breeze Shuttle

Anchorage – Denali NP – Fairbanks: Alaska Shuttle

 

 

In den Städten

Das Stadtbusnetz ist gar nicht so schlecht, wie es stets gemacht wird. Fast jede Kleinstadt hat 1-2 Buslinien, und in den Grossstädten kommt man zu den wichtigsten Punkten ohne Probleme hin. Einzig Samstags und Sonntags werden die Fahrpläne stark ausgedünnt, was schade ist.

Meist gibt es nur einen fixen Fahrpreis (üblicherweise 1-2 Dollar), egal wie lange die Distanz ist.

Meist findet man die Fahrpläne auf dem Internet; äusserst hilfreich ist aber auch die „ÖV-Funktion“ des Routenplaners von Google Maps, der auch auf dem iPhone gut funktioniert. Achtung: Manchmal kennt Google die speziellen Sonntagsfahrpläne nicht.

 

 

Unterkünfte

Dann ging’s an das Reservieren der Unterkünfte. Meine Idee: Ich will auf der Reise selber nicht mehr Zeit damit verlieren, passende Unterkünfte zu suchen. Die meisten Buchungen kann man bis kurz vor dem Aufenthalt wieder kostenlos canceln, falls man es doch nicht rechtzeitig schafft oder eine Planänderung macht.

Die Suche nach einer passenden Unterkunft nahm pro Stadt jeweils so 3-4 Stunden in Anspruch.

Kriterien: Preis, Nähe zum Busbahnhof (spart Taxi- oder ÖV-Kosten), Nähe zu Sehenswertem, keine zu schlechte Gegend. Vorgehen:

1) Google Maps: Suche nach nahen Unterkünften, ggf. ÖV-Verbindungen

2) Checken der Preise für die geplanten Tage

3) Lesen von Reviews: [url]www.tripdadvisor.com[/url] ; [url]www.hostelworld.com[/url] ; [url]www.hostelz.com[/url]

 

Wo vorhanden (und das ist bei weitem nicht überall – es gibt sogar zahlreiche Millionenmetropolen „ohne“), übernachtete ich in Betten von Jugendherbergen. Habe dabei nie schlechte Erfahrungen gemacht; insbesondere die Herbergen der internationalen „Hostelling International“-Kette garantieren gute Standards ([url]www.hihostels.com[/url])

Preise: 20-25CHF pro Bett und Nacht.

 

Ansonsten suchte ich mir günstige Motels. Problem: Die (günstigsten) Motels liegen zumeist ausserhalb des Zentrums an den Hauptstrassen, und damit unmotorisiert sehr schlecht erreichbar. Vielfach gibt es aber doch 1-2 Motels in der Innenstadt.

Preise: 50-70CHF pro Nacht (EZ)

 

Wenn gar nichts half, mussten halt „normale“ Hotels herhalten. Dabei erwies sich die Seite [url]www.priceline.com[/url] als Hilfe: Dort „verschleudern“ gute Kettenhotels ihre schlechteren Zimmer. Man kann ein Gebiet auswählen und selber einen Preis bieten. Je nachdem „beisst“ ein Hotel an; so kriegte ich mehrfach Zimmer in zentralen Hotels wie Sheraton, Crowne Plaza oder Marriott zum Motelpreis.

Preis: 70-90CHF pro Nacht (EZ)

 

Die gute Vorbereitung zahlte sich aus. Angekommen, konnte ich mich nur noch zurücklehnen und das Programm „abfahren“. Natürlich ist das ein sehr enges Korsett, das kaum ein „Ausbrechen“ zulässt und die Freiheit sehr einschränkt. Andererseits stellt es sicher, dass man sich in diesem grossen Land nicht verliert oder trödelt. Ich musste kaum je Planänderungen vornehmen, und wann, war das immer gut möglich.

 

 

Verpflegung

Keine Angst, im Fast-Food-Land findet man immer irgendwas zu essen! In jedem Nest findet sich der eine oder andere Laden, und in Städten findet man natürlich alles. Neben McDonalds und Burger King war ich vor allem in den Subways Stammgast. Alle McDonalds bieten zudem gratis Internet; viele Läden bieten „free refills“ – man kann also sein Getränk beliebig viele Male auffüllen (lassen).

Viele Fast Food-Restaurants und Supermärkte haben 24h geöffnet, was äusserst praktisch ist.

Durchschnittlich bekommt man für 5-8 Dollar ein Menü.

 

Ein paar Tipps zum Fahren mit den Greyhounds

Mit dem Bus-Pass kann man nicht direkt in den Bus einsteigen; er berechtigt nur zum Gratisbezug eines beliebigen Tickets. Man muss also vor jeder Fahrt trotzdem eine Fahrkarte erwerben. Da diese häufig ausverkauft sind, empfiehlt es sich, ca. 1 Stunde vor Abfahrt bei Ticketschalter aufzukreuzen.

Es kann auch vorkommen, dass mehr Tickets verkauft werden, als es Plätze gibt: Daher nach dem Kauf schleunigst in die Schlange vor dem entsprechenden Gate stehen.

In den Terminals gibt es immer Snack- und Getränkeautomaten, in den grösseren auch Fastfood-Restaurants oder Supermärkte.

Einsteige-Taktik: Ein Bus fasst 45-55 Personen. Sind also mehr als 30 Personen in der Schlange, bedeutet das, dass man wahrscheinlich einen Sitznachbar kriegt. Anstatt nun vorne in der Schlange zu stehen (sodass sich irgendjemand neben einem hinsetzen wird), stellt man sich eher hinten (so als Nummer 25 am besten) in die Schlange. So kann man sich beim Einsteigen seinen Sitznachbarn selber aussuchen. Und eben: Traditionell sitzen vorne (da nahe beim Busfahrer) etwas die ruhigeren/gesitteteren/normaleren Leute

Komfort: Der Sitzabstand ist nicht grosszügig, aber ok. Die Sitze lassen sich leicht nach hinten neigen. Es gibt keine Vorhänge an den Fenstern, allerdings sind die Scheiben stark getönt. Die Klimaanlage läuft meist auf Hochtouren, es ist eher zu kalt als zu warm. Es darf gegessen und getrunken werden während der Fahrt. Klos sind vorhanden (nie getestet…).

Zwischenstops: Meist gibt es alle 3-4 Stunden einen grösseren Halt von 30-45min, wo man an einer Raststätte hält. Dort gibt es diverse Fastfood-Buden und Tankstellenshops. Je nach Zeit kann man gleich dort oder im Freien essen, oder man nimmt das Essen mit in den Bus. Ansonsten hält den Bus an vielen Destinationen 5-10 Minuten, was reicht, um sich kurz die Beine zu vertreten.

Gepäck: Grosses Gepäck verschwindet im Bauch des Busses. Grundsätzlich ist jedes Gepäckstück mit einem Baggage Tag versehen, und man kriegt es an der Destination nur gegen Vorzeigen seines Tickets (mit dem selben Namen drauf) zurück. Trotzdem wird viel geklaut. Wertsachen also unbedingt in einem kleinen Rucksack in die Kabine nehmen, und auch bei jedem Zwischenhalt bei sich behalten.

Terminals: Die Terminals und ihre sanitären Einrichtungen sind oftmals dreckig und überfüllt. Einige liegen zudem in „schlechten“ Gegenden. Besonders nachts sollte man also aufpassen und sich eher ein Taxi bestellen. Als besonders schlecht gelegen gelten Las Vegas (war tagsüber aber absolut kein Problem), New Orleans (nachts ein Taxi genommen), Miami (direkt beim Airport, Stadtbus fährt in der Nähe und fühlte sich ok an) und Los Angeles (nie probiert). Grundsätzlich lungern um die Terminals stets düstere Gestalten rum; ab und zu betteln die oder pumpen einem an, richtig gefährlich wurde es bei mir allerdings nie. Zudem stehen in den Terminals auch immer Sicherheitskräfte rum.

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