Als ich vorgestern nach Bern reisen musste, um mein Iranisches Visum zu beantragen, schimpfte ich noch über diese umständliche Prozedur. Ich entschied mich, Inline Skates und Kamera mitzunehmen, um die Wartezeit auf das Visum immerhin gescheit überbrücken zu können.
Allerdings hielt ich das Visum entgegen meinen Erwartungen bereits 15 Minuten, nachdem ich die Botschaft betreten hatte, in Händen. Es war also jetzt 09:20 Uhr und ich war in Bern. Sollte ich einfach gleich wieder heimfahren? Oh nein! Immerhin war es ein wolkenloser Herbsttag, und ich hatte ja richtig viel Zeit. Da ich noch nie in meinem Leben wirklich Zeit hatte, unsere Hauptstadt genauer anzuschauen, entschied ich, dies als allererstes zu tun. Und so spazierte ich dem äusseren Aareufer entlang, und genoss die unzähligen genialen Ausblicke hinüber auf die UNESCO-Altstadt.
Als es Mittag wurde, machte ich mich auf, den zweiten Plan des Tages zu verwirklichen: zwei- oder dreimal um Berns Flughafen zu skaten. Mit seinem Umfang von rund 8 Kilometern bietet er sich dafür hervorragend an, und nahe an den Fliegern ist man sowieso. Entsprechend happy war ich auch!
Doch meine Laune stieg noch in viel höhere Sphären, als ich während des Skatens plötzlich einen ATC-Aufruf an eine Moroccan Air Force hörte. Erst da fiel mir wieder ein, dass ja die Marokkaner noch immer ihre Erdbeben-Suchteams in der Schweiz hatten – war ich da wirklich gerade in den Tag der Abreise hineingeraten? Ich sprintete also zum bekannten Anflugspot auf dem Gürbedamm, und siehe da: Herki im Anflug!
Aber das war noch bei Weitem nicht alles! Nur fünf Minuten später schwebte nämlich die Schwestermaschine ein...
…und weitere fünf Minuten später Herki Nummer drei. Welch eine riesige Überraschung, wenn man sich mental auf eine einzige Dornier eingestellt hatte!
Schnell wurde bekannt, dass die Marokkaner etwa zwei Stunden brauchen würden, um die Suchtrupps mitsamt ihren Hunden einzuladen. Zeit genug für ein paar weitere Runden ums Möösli – doch nicht so schnell, denn zuerst standen noch ein paar weitere Überraschungshäppchen auf dem Programm! Diese PC-21 der Qatar Emiri Air Force zum Beispiel, die offenbar auf einem Testflug aus Stans vorbeigeschaut hatte.
Oder diese auffällig bemalte P-68C der Swiss Flight Services, einer in Neuenburg beheimateten Firma, die Erkundungs-, Fotografie-, Vermessungs- und weitere nützliche Flüge anbietet.
Auch das elegante neue Flaggschiff unseres Bundesrates präsentierte sich im besten Licht...
…wie auch dieser VIP EC-135, welcher seine Tarnung vor dem herbstlich gefärbten Wald demonstierte
Ah und ja, einen einzigen voll bemalten Linienflug gab’s auch :D
Dieser eignete sich perfekt für die mentale und technische Vorbereitung auf das Tagesspektakel: Den Auszug der Hercs. Hier dröhnt Nr. 1 in die Luft!
Für Nummer zwei hatte ich mir etwas Spezielles überlegt, und wollte mir die erstklassige Fernsicht zu Nutze machen. Siehe da, es klappte hervorragend! Dank einem späten Lift-off zeigt sich das marokkanische Arbeitspferd imposant vor der Kulisse der Jungfrau, mit dem gut sichtbaren Jungfraujoch über Prop Nr. 4.
Wunderbares Licht, und eine grossartige Aussicht. Welch perfekter Tag!
Ja, Fortuna spielte ihre Rolle heute wirklich ausgezeichnet, denn nur eine Minute vor Sonnenuntergang schwang sich auch Herc Nr. 3 in die Luft – im fantastischen letzten Licht des Tages!
Nun denn, war es das nun gewesen? Keineswegs! Spontan traf ich auf Forums-Urgestein Mirko, der mich einlud, ihn auf einer NightVFR-Runde mit der guten alten HB-CWE zu begleiten. Und während er sich um die alte Dame kümmerte, war ich natürlich weiter fotografisch aktiv :)
Als sich dann endgültig der Mantel der Dunkelheit übers Bernbiet gelegt hatte, war es Zeit für abermalige Action. Von Piste 14 hoben wir ab, und stiegen in den schwarzen Nachthimmel empor. Auf 4‘500 Fuss ratterten wir gemütlich über die spärlich beleuchtete Region Schwarzenburg in Richtung Fribourg. Ein beinahe magisches Gefühl, in dieser Einsamkeit durch die Nacht zu fliegen, und nur hier und da auf beleuchtete Siedlungen hinunterzublicken. Dank Mirkos toller, rauscharmer D750, die ich auf dem Rücksitz auf Herz und Nieren testete, gab das sogar ganz ansprechendes Bildmaterial. Hier sind wir schon kurz vor Fribourg, dessen Hauptverkehrswege wie Arterien des Lichts in die Dunkelheit entschwinden. Eindrücklich!
Mitten über dem Lichtermeer von Fribourg, welches sich auch schön im Flügel spiegelte. Die Cessna war definitiv die perfekte Wahl für diesen Flug!
Nach einer guten halben Stunde waren wir zurück über Berns Innenstadt, und erhielten vom Tower die Genehmigung für einen Long Final mit Überflug der hell beleuchteten Altstadt – ein Traum!
Das war jedoch noch nicht der Schluss des Fluges, denn Mirko entschied sich für einen Touch and Go, bevor wir auf eine kleinere Runde gen Osten aufbrachen. Nach einer Viertelstunde in der Dunkelheit nahmen wir aber schon wieder Kurs auf die Lichter der Hauptstadt
Im Long Final gab’s den berühmten Blick hinunter auf die von der Aareschleife umschlungene Berner Altstadt
Wenige Momente später befanden wir uns schon wieder im Endanflug, und Mirko setzte zur letzten Landung des Tages auf der Piste 14 an – die Piste, an welcher ich an dem Tag schon Stunden gestanden hatte. Was für eine glückliche Wendung!
Und gerade als ich gedacht hatte, dass dieser Tag voller Überraschungen nun sein Ende gefunden hatte, schlich sich das Grande Finale an: Mir schoss die Lichtkunstaktion am Bundeshaus durch den Kopf, und wahrlich: kaum am Bundesplatz angekommen, erstrahlte unser Parlaments- und Regierungssitz schon in den prächtigen Farben eines Regenbogens auf LSD. Was für ein geniales Ende für diesen perfekten Tag!
So, und das war sie, die Geschichte vom unerwarteten Supertag in Bern! Ich hoffe, sie hat gefallen, und vielleicht gezeigt: trotz Flightradar und Spottergruppen – manchmal ist genau das Überraschungselement das Reizendste an unserem Hobby!